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Spätestens im März 2020 schienen sich zeitdiagnostische Entwicklungen gleichzeitig zu zersplittern, zu bündeln und zu verdichten, mit der Folge, dass sich der entzerrte diagnostische Inkubationszeitraum von Kunst zusammenzog. Vor diesem Hintergrund konnte, so die hieraus folgende und sich im Verlauf bestätigende Ausgangsthese, ein Gegenstand prägnant in den Blick genommen werden: das Kunstsystem2, genauer noch, das Betriebssystem Kunst3. Mit dem Wissen um Giorgio Agambens Warnung, dass eine der wichtigsten Erfahrungen unserer Zeit darin bestünde, dass wir keine Erfahrungen mehr machen könnten4, konnten wir5 vorerst feststellen, sowohl Erfahrungen machen als auch Krise/n erfahren zu können.
Die COVID-19-Pandemie6 – die, weil es nun um das „nackte Leben“ ginge, mit Agamben schon zu Beginn der Pandemie bevorzugt als „Ausnahmezustand“7 bezeichnet und beschrieben wurde –, konnte uns live8 als eine Perspektivierungsmaschine9 dienen; eine Perspektivierungsmaschine dessen, was bis dahin nur schwer einer Beobachtung zugänglich war (und auch kurze Zeit später wieder nur schwer einer Beobachtung zugänglich war): Die apparative Verschließung ent-verschloss sich für eine kurze Dauer von etwa drei Monaten; die pandemischen Dynamiken, die sich mit (kulturellen, rechtlichen, politischen, ökonomischen …10) Risiken und Disruptionen koppelten, gaben umfangreiche und substanzielle Auskünfte – zu schon Bekanntem, zu Verdrängtem und zu bislang Unbekanntem des Betriebssystems Kunst. Dabei konnte es sich um prekäre Arbeitsbedingungen, Selbstausbeutungen und Geschlechterungerechtigkeiten, um Abwesenheiten von Arbeitsschutz und Arbeitsrechten sowie von Vertrags- und Vergütungssicherheiten handeln. Dabei konnte es sich auch um Auskünfte zu den Privilegien einzelner Künste, Künstler*innen und Institutionen, zu intransparenten Förderlogiken, Geschäftsmodellen des Kunstmarktes, Digitalisierungsversäumnissen, toxischen Mischungen aus Gossip, Markt und Glamour sowie übermäßigen Klimastrapazierungen11 handeln.
Viele dieser Hinweise und Beobachtungen – wer agierte und/oder reagierte wie, wann, womit, für oder gegen wen oder auch (für oder gegen wen) nicht – werden künftig noch genau zu systematisieren und auszuwerten sein und im besten Fall sowohl zu Erkenntnissen als auch zu (zum Beispiel kunstpolitischen) Handlungsinstrumenten für mögliche post-pandemische Zeiten führen können. Zu den künftigen, noch ausstehenden Untersuchungen zählt auch die fortgesetzte Perspektivierung der Perspektivierungsmaschine „Ausnahmezustand“ selbst, zunächst einmal ihrer Eigendynamiken, Zuweisungen, Codierungen und Vermachtungen – dazu zählt wiederum das historische und aktuelle Belastungspotential von Begriff und Konzept des Ausnahmezustands12 –, sowie ihre Übersetzungsleistungen und -schwächen. So würde zum Beispiel schon anhand der kritischen Performanz des vorliegenden Textes „im Sinne von crisis als noch nicht entschiedenem Status Quo“ sichtbar, dass es „in diesem frühen Stadium der Pandemie“ schwer falle, „auszuwählen, zu trennen, zu sortieren und zu scheiden“13: In gewisser Weise übertrage „sich der Ausnahmezustand auf die Untersuchung bzw. ‚Perspektivierungsmaschine‘“14. Agambens These, dass der moderne Ausnahmezustand als Ausnahme eingeschlossen würde, wir demnach in einem permanenten Ausnahmezustand lebten, in dem auch die Krise nicht erfahrbar sei, stand und steht im Horizont der COVID-19-Pandemie wieder neu zur Debatte15, wenngleich sich Agamben gerade durch die Pandemie in seiner Theorie bestätigt sieht.16 Mit und gegen Agamben gelesen, hieße unsere Erfahrung, dass auch im permanenten Ausnahmezustand weitere temporäre und zwar qualitativ zu unterscheidende Ausnahmezustände zu differenzieren sein können, wobei untersucht werden könnte, ob diese und wenn ja, welche den permanenten Ausnahmezustand kondensierten oder kompensierten.17 An dieser Stelle soll von einem diskursorganisierenden Ausnahmezustand die Rede sein, der sich seiner routinierten und etablierten Schließungen kurzfristig entledigte; Ansichten zu verschwörungstheoretischen Spielarten, die den Ausnahmezustand als eine Aussetzung elementarer Grundrechte lesen, werden hier nicht geteilt. Die bereits existierenden Krisen18 von Demokratie, Klima, Wirtschaft und Finanzen, die sich mit Krisen von Arbeit, Kommunikation und Bildung verzahnten und zu Krisen der Institutionen, Kritik, Wahrnehmung und Wahrheit/Glaubwürdigkeit wurden, treffen nun auf eine Krise der Gesundheit, die sich für das Kunstsystem als eine Krise der Begegnung, der Präsenz und des Körpers zeigt.
Was zunächst als Kennzeichen explizit pandemischer Verhältnisse diagnostiziert wurde oder dazu verführte, vorschnell dystopische, post-pandemische Lagebeschreibungen zu prognostizieren, stellte sich bald als das Dispositiv19 heraus, in dem sich das Kunstsystem nicht erst seit, mit oder durch SARS-COV-2 aufhält. Denn, so lautet die grundlegende These dieses Textes, die wiederum infektiologisch nicht konsistent sein wird: Wir sind schon längst pandemisch gewesen.
Damit meine ich zunächst, dass COVID-19 für das Kunstsystem nicht erst pandemische oder zu befürchtende post-pandemische Möglichkeitsbedingungen in Gang setzte. COVID-19 war keine Zäsur „in einem regelmäßigen Lauf der Zeit“20 oder ein Auslöser pandemischer Zustände, wie auch deren eventuelle Überwindung nicht der Eintritt in post-pandemische Verhältnisse sein wird. Somit ist die Vergangenheit beziehungsweise die Vorgeschichte von COVID-19 auch nicht als eine prä-pandemische Geschichte erzählbar. Auch die Frage, ob COVID-19 die Kunstwelt „forever or just temporarily“21 verändert habe, oder die Furcht, dass COVID-19 den Untergang der Kunstwelt beschleunigt hätte22, sind damit obsolet. Selbst die Annahme, an einem Anfang oder einem Ende von irgendetwas zu stehen („But either way, the sense that we’re at the end of something, or at the beginning of something else, is hard to escape.“23), wäre mit der Annahme einer asynchronen Zeitpoetik als Form der kollabierenden chronologischen Ideen unterbrochen.
Mit der Formulierung, dass wir schon längst pandemisch gewesen seien, meine ich aber nicht nur die Dimension chronologischer Zusammenhänge, sondern auch, dass topologische Kontinuitäten diagnostiziert werden können, die die Vorstellung von trennenden prä-pandemischen und pandemischen Möglichkeitsbedingungen durchkreuzen: COVID-19 ist eine Perspektivierungsmaschine für schon längst operierende kunstsystemische Prozesse, Routinen und Apparate, die getrieben werden von der Analyse negativer Freiheitsrechte24 beziehungsweise einer Furcht und Angst , die zu immer weiteren Schließungen auf gesellschaftlicher und sozialer Ebene führen, um Furcht und Angst25 zu minimieren und den Verlust von identitären Angeboten wehren zu wollen – und das, obwohl das Gegenteil (auch selbst-) behauptet wird und von Freiheitsversprechen, Ambiguitätstoleranz und Gesellschaftsrelevanz der Kunst die Rede ist.26 COVID-19 verdeutlicht damit auch eine Selbstbeschreibungs- und Selbstbeobachtungskrise, die meines Erachtens dem bisherigen methodischen Einsatz einer linearen Chronologie, einer starken Kausalität und einer Komplexitätsreduzierung geschuldet ist und nun im Kontext der Pandemie in Form von Symptomen, Befunden und Therapiemaßnahmen formuliert wird. Strukturelle und systematische Defekte im Organisatorischen des Kunstbetriebs und nicht durchgearbeitete Traumata existierten bereits vor der COVID-19-Pandemie, werden aber nun im pandemischen Narrativ begreif- und erzählbar, begriffen und erzählt. Auch die institutionellen Probleme, die sich mit den Komplexen Vielfalt, Dekolonialisierung, Restitution und Klimaneutralität auffalten lassen, sind nicht neu, sie sind nun sichtbar(er), deutlich(er) und öffentlich(er) (geworden). Sie haben sich zeitlich von prä-pandemischen in pandemische Zeiten erstreckt, hier noch einmal aktualisiert und sind im Betriebssystem Kunst manifest. In der anhaltenden Hypervigilanz können sie nicht mehr nicht gesehen und auch nicht mehr nicht gewusst werden. ‚Pandemisch‘ meint daher sowohl umfangreiche als auch umfassende Dysfunktionalitäten, Plausibilisierungs- und Legitimierungsschwächen, Prekaritäten, Vulnerabilitäten, Fragilitäten und (systemische) Schließungen beziehungsweise Verschließungen, obwohl Öffnungen erzählt werden – und das umfasst sowohl politische, kulturelle und soziale, als auch epistemische Zusammenhänge. Für weiterführende Untersuchungen bietet sich an, fortgesetzt nach den Freiheitsversprechen27, der Ambiguitätstoleranz28 und der Gesellschaftsrelevanz von Kunst zu fragen, um damit auf der Grundlage und im Einsatz der Trope ‚pandemisch‘ womöglich prä-prä-pandemische Dispositive zu unterscheiden: Wie stand und wie steht es um die Kunst als Praktik der Ein- und Ausübung von Ambiguitätstoleranz, um ihre Fähigkeit zur Ausbildung interkultureller Kompetenzen und als Teil eines gemeinwohlorientierten, sozialen Lernens, das Grundlage für die Gestaltung sowohl von Persönlichkeiten als auch von Gesellschaften ist? Und: Wie wird es hierum künftig stehen?
Sollte anfänglich angenommen worden sein, dass die bereits vor COVID-19 existierenden strukturellen Ungleichheiten, Ungerechtigkeiten und Unsicherheiten im Kunstsystem nun durch die Pandemie aus ihren Verfestigungen gelöst, reflektiert und womöglich durch neue Erfahrungen korrigierbar seien (so das eine Szenario) oder dass strukturelle Ungleichheiten, Ungerechtigkeiten und Unsicherheiten sich als ein Ausnahmezustand der Pandemie zeigen und in post-pandemischen Zeiten wieder verabschieden würden (so ein anderes Szenario), wurde deutlich: Die mit und durch COVID-19 zu registrierenden repräsentativen, administratorischen, ethischen, kulturpolitischen und ökonomischen Schieflagen innerhalb des Kunstsystems waren schon längst institutionalisiert. Diese bereits länger wirksamen Prozesse können daher weder mit einem vorangehenden Niedergangs- oder mit einem ausstehenden Fortschrittsszenario beschrieben, noch können sie in einer gemeinsamen, kohärenten, kausalen und konsistenten Erzählung untergebracht werden. Zumal die Lockdownbedingungen nicht für alle Akteur*innen des Kunstsystems gleich zu gelten scheinen:
Während in der Bundesrepublik die staatlichen Museen in der Zeit des zweiten Lockdowns schließen mussten, Kunstmessen verschoben wurden, Galerien ihren Betrieb aufrechterhalten konnten, wurden in vielen Theatern die Proben fortgesetzt, so dass sich Premieren stauten, brach der ohnehin schon prekäre Arbeitsmarkt für Lehrbeauftragte zusammen, erhielten viele Kunstarbeiter*innen in Folge der niedrigen Bürokratiehürden der staatlichen Förderprogramme erstmals in ihrem Arbeitsleben ein Grundeinkommen, meldeten sich viele freiberufliche Künstler*innen, nun als Solo-Selbstständige deklariert, und entlassene Museumsvermittler*innen „arbeitslos“ oder mussten ihren Beruf wechseln, verschwanden Kunstkritiker*innen beinahe komplett von der Bildfläche, expandierten Galerist*innen, die ihr Tätigkeitsspektrum um das von Messen und Auktionshäusern erweiterten, ins Digitale, wurden vor allem im Bereich des Besucherservice und der Kunstvermittlung systematisch Stellen abgebaut und entstanden Online-Experimente im Bereich der Kunstausbildung. Ganz offensichtlich existiert/e kein vollumfassender Stillstand des Kunstsystems, wie der Begriff des Lockdowns und die Klagen des Betriebs annehmen ließen. Weder die kunstspezifischen „flaneuristic stages“ noch die für das Kunstsystem spezifischen, mäandernden „informal moments of exchange“ sind, wie immer wieder betrauert wurde/wird, verloren gegangen. Und selbst der Begriff des (singulären) Kunstsystems als ein Symbol- und/oder Sozialsystem, zu dem Kunstwerke als Medienangebote, Institutionen und Aktanten gehören und das sich in Folge eigener kommunikativer Operationen in Differenz zu (s)einer Umwelt stellt29, zeigt sich hier nicht das erste Mal untauglich und zur Revision aufgefordert30. Wir sind herausgefordert, (uns) einen Sinn zu bilden beziehungsweise mit den sich hier abzeichnenden Sinnzusammenbrüchen31 umzugehen.
Aus diesen Beobachtungen ergibt sich ein kompliziertes und komplexes Potenzial, das weder einfach zu durchleuchten noch zu navigieren ist. Zu spekulieren wäre beispielsweise, wann und wie wir nicht mehr prä- oder post-pandemisch gewesen sein werden (können) – und mit der Spekulation meine ich keine methodische Verlegenheitsgeste, sondern eine in künstlerischen Zusammenhängen des Re- und Preenactments32 bereits erprobte Befähigung im Umgang mit der Vergegenwärtigung von Vergangenem durch Wieder-Holung einerseits und der gegen-wärtigen Verhandlung des Zukünftigen im Kontext der Vergangenheit andererseits, um das zu untersuchende Material auf epistemische Potenziale und kontingente Handlungsmöglichkeiten zu prüfen. Hierdurch sind gegen-wärtig hypothetische Zeit- und Räumlichkeiten und damit mögliche Realitäten im Kontext des Retrospektiven erprob- und herstellbar. Zukünfte werden herausgefiltert, angereichert, konfiguriert und extrapoliert und sind damit nicht nur imaginier- und antizipierbar, sondern können verhandel-, plan- und gestaltbar performativ, genauer formuliert pre-formativ wirken. Der kritisch historische Kontext wie die hier und im Folgenden normativen Implikationen und implizierten Forderungen für Zukünfte sind nicht neu: Mit welchen gesellschaftlichen, politischen, rechtlichen, kulturellen und technologischen Hintergründen werden wir uns verbünden, auseinandersetzen, arrangieren oder streiten müssen, um zeitgemäße, zeitgenössische oder „zukunftsgenössische“33 Formen von Kunst und Kunstbetrieb zu generieren? Wie sehen die Formen aus, die sich auf die technologischen, technopolitischen und technokratischen Herausforderungen einstellen und gerechte, vielfältige und inkludierende (Kultur-) Politiken performieren? Welche sozialen und politischen Regeln, Strukturen und Prozesse müssen verändert werden, um zu einer gemeinwohlorientierten Ordnung zu finden? Wie werden institutionelle Hierarchien und ungerechte Machtstrukturen verändert werden können? Diese und die im Text folgenden normativen Implikationen begründen sich auf den Werten der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die als eine gemeinschaftsbildende Absichtserklärung 1948 verabschiedet wurde34 und eine positiv rechtliche, also von Menschen gesetzte, sowie eine moralische Verpflichtung, die nicht nicht gewollt sein kann, performiert.35
Um auch in kunsthistorische beziehungsweise kunsttheoretische Sinnzusammenhänge und Erzählungen vorzustoßen: Wird die sogenannte zeitgenössische Kunst als eine internationale Verflechtung von Globalisierung, expandierender Weltwirtschaft, Kulturpolitik, High-End-Kapitalverkehr, Blue-Chip-Galerien, Kunstmessen, Biennalen und kuratorischen Events, VIP-Sammler*innen, Mäzenatentum und Klimabeanspruchungen erzählt werden, die nach 1989 entstand? Oder wird die zeitgenössische Kunst retrospektiv als ein künstlerischer Stil dreier Jahrzehnte in die Kunstgeschichte eingeordnet werden, der in der Folge demographischer, politischer, finanzieller, kulturpolitischer und technologischer Entwicklungen einem infrastrukturell massiv verkleinerten und ausgedünnten Kunstsystem, vielleicht sogar einer Depression vorausging36 und dessen Schließungen, Personalentlassungen und „Deaccessioning“-Prozesse in der COVID-19-Pandemie dazu beitrugen? Oder wird sich die zeitgenössische Kunst mit ihrem Höhepunkt in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren als ein Übergang erzählen lassen, von einem auf Repräsentationslogiken ausgerichteten Regime der Ästhetik des 18. bis 20. Jahrhunderts zu einem Regime, das auf poietische Dimensionen ausgerichtet ist und seine konzeptuellen und organisatorischen Infrastrukturen umformt und ausweitet: mit neu zu gründende Kunstakademien, mit Ausstellungen als öffentlichen Orten der Bildung und einer Neuausrichtung von Bildungsmodellen auch in allgemein bildenden Schulen, mit noch zu entwickelnden und auszuhandelnden Organisationsmodellen. Dies sind nur drei denkbare, einander nicht ausschließende, aber vermutlich unwahrscheinliche Szenarien.
Der Titel und damit die Leitthese dieses Aufsatzes kann daher folgendermaßen präzisiert werden: Wir sind mit unseren globalen, allgegenwärtigen und gesamtgesellschaftlichen Prekaritäten, Krisenhaftigkeiten, Verletzlichkeiten, Vigilitäten und Zerrissenheiten chronologisch, topologisch und methodologisch gesehen, wie auch im Aufbau der sozialen Welten mit ihren Sinnzusammenbrüchen37 schon längst pandemisch gewesen. Mittels eines nun auch narratologisch und epistemologisch eingesetzten pandemischen Blicks, in Gang gesetzt durch die Verschiebung des Gefüges von Freiheitsgraden38 und der einschränkenden Ausübung von Souveränitätsperspektiven, markieren wir die schon längst prä-pandemisch wirksamen, aber noch nicht als solche bezeichneten und beobachteten pandemischen Verhältnisse als Symptome – beziehungsweise mit Jacques Lacan formuliert als Sinthome.39 Im Unterschied zum Symptom verweist das Sinthom nicht auf etwas anderes. In der Folge können wir jetzt prä-prä-pandemische Verhältnisse trennen, untersuchen und neu erzählen, post-pandemische Handlungsmöglichkeiten konzipieren und neue Theoriehorizonte aufspannen. Allerdings zeigt sich schon jetzt, wie im gesellschaftlichen Kontext der COVID-19-Pandemie erste logische, diskursive, soziale und mediale Anlagerungen stattfinden und Sinnpotentiale und -horizonte durch und im Kontext der COVID-19-Pandemie als Perspektivierungsmaschine hergestellt werden. Inmitten dieser Phase finden unsere vorliegenden Untersuchungen statt, also noch bevor der Sinnhorizont geschlossen sein wird und wir gehalten sein werden, ihn zu seiner De- und Rekonstruktion wieder zu öffnen. Dieser noch offene Sinnhorizont führt, wie im Text zu sehen sein wird, zu einer offenen, ambivalenten, gegen-wärtigen Performanz des Textes selbst, die sich in Unentschiedenheiten, unbeantworteten Fragen und Widersprüchen äußert.
Everything was live for a very brief moment.
„Everyone is live now“, pointierte Aram Bartholl auf Twitter die Situation am 24. März 2020.40 In Ableitung hieß das wöchentliche, über drei Stunden stattfindende Hauptseminar im Institut für Kunstgeschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München Everything is live now. Das Kunstsystem im Ausnahmezustand41, mit dem ich kurzfristig aufgrund der aktuellen Ereignisse auf die aktuellen Ereignisse reagierte. Der anfängliche, sich auf erste Hinweise stützende Verdacht, dass inmitten der pandemischen Lage eine Ent-Verschließung42 des Kunstsystems stattfände und damit das Betriebssystem Kunst genauer in den Blick genommen werden könne, wir damit als Zeitzeug*innen zu einer wertvollen Dokumentation dieser apparativen Ent-Verschließungen herausgefordert wären, bestätigte sich schnell: Eine wichtige Arbeitsgrundlage unserer Live-Feldforschung von Ende März bis Ende Juli 2020 – diese Zeitspanne entspricht ungefähr der mittlerweile als erster Lockdown markierten Schließung durch die sogenannte erste Pandemiewelle in der Bundesrepublik43 – war der Twitter-Account BetriebssystemK, mit dem Hinweise auf die aktuell wirksamen Prozesse im Betriebssystem Kunst registriert, gesammelt, dokumentiert und archiviert werden konnten. Durch die Störung, Überforderung oder sogar Schließung bisheriger Apparate und Regimetechniken (etwa des Schweigens, des Vorenthaltens oder des für das Kunstsystem wichtigen informellen Austauschs) traten ganz offensichtlich etablierte und kontrollierte (Kommunikations- und Medien-) Prozesse außer Kraft und wurden Dysfunktionalitäten, Prekaritäten, Vulnerabilitäten und Fragilitäten sichtbar und mitgeteilt. Verschließungen und Ausgrenzungen, die durch die materielle Ökonomie explizit der Institutionen reproduziert wurden, waren für einen Moment gestoppt. Das Geschäft der Bedeutung war für einen Moment der medialen und institutionellen Kontrolle und Disziplinierung der legitimierten und legitimierenden Diskurse entglitten. Nur kurze Zeit später, im Sommer 2020, fanden sie zu ihren Funktionen und in ihre Routinen zurück und überwanden damit den Moment ihrer funktionalen Krise. Die bereits wahrgenommene, nun aber als Differenz markierte und in Differenz weitaus klarer sichtbare Verschließung des Kunstsystems setzte im Anschluss an die kurze Zeitphase der Ent-Verschließung im Sommer 2020 wieder ein.
Zielsetzung des Seminars, bei dem es sich damit weniger um eine Lehr-, als um eine gemeinsame Lern- und Forschungssituation handelte, war, innerhalb der Ausnahmesituation durch die COVID-19-Pandemie die Dynamiken des Kunstsystems in den Blick zu nehmen, um Rückschlüsse auf die Spielregeln ziehen zu können44. Der Twitter-Account des Seminars wurde ergänzt durch Gespräche mit Kunstbetriebsteilnehmer*innen via Zoom45, durch Befragungen mittels Fragebögen sowie durch ein gemeinschaftliches Etherpad-Dokument46, das unsere Recherchen organisierte und archivierte. Hinzu kam eine rege Kommunikation via E-Mail während des Untersuchungszeitraums.47
Folgende sechs grundlegende Beobachtungen können als Ergebnis der Live-Forschungen zusammengefasst werden: (1) Die Kunstökonomien sind unübersichtlich und undurchsichtig. (2) Kunstinstitutionen sind ungleich und hier finden Ungleichheiten statt. (3) Wird die während der COVID-19-Pandemie gemeinschaftlich vereinbarte Ethik der Anteilnahme den Ausnahmezustand überdauern? (4) Wie ist die aktuelle, anhaltende künstlerische und kuratorische Stille zu erklären? Oder handelt es sich gar nicht um eine solche? (5) Trotz der vielen digitalen Aktivitäten steht die Kunstwelt mit ihren Digitalkompetenzen (digital literacy) noch am Anfang. (6) Die Defizite – und das umfasst Begriffe, Informationen, Kartografien, Wissen und auch die Vorstellung eines, nein „des Kunstsystems“ – können nicht mehr übersehen werden.
(1) Unübersichtliche Kunstökonomien
Die Ökonomiestrukturen des Kunstsystems sind kompliziert und komplex, verschlungen und undurchsichtig, heterogen und ressourcenknapp, begehrensorientiert und unbeständig. Nach Eigenaussagen der Beteiligten befinden sich als Folge der staatlich verordneten Schließungen und der hieraus folgenden Entlassungen oder Auftragsverluste aktuell nicht nur die Künstler*innen, Schauspieler*innen, Regisseur*innen und Choreograf*innen (zu unterscheiden in Solo-Selbstständige, Freiberufler*innen, temporär, geringfügig, unständig und kurz befristete Beschäftigten mit sozialversicherungspflichtigen Abgaben und Minijobber*innen) in Überlebenskämpfen, sondern auch etliche Theater, Museen, Galerien und Auktionshäuser.48 Die je nach Sektor sehr unterschiedlichen Einbrüche der Kultur- und Kreativwirtschaft liegen in den europäischen Ländern bei 31 Prozent, in der Bundesrepublik Deutschland bei 13 Prozent49, des globalen Kunstmarktes bei 22 Prozent50. Die ohnehin fragilen Erwerbstätigenstrukturen – von selbstständigen Museumsvermittler*innen über befristet beschäftigte Universitäts- und Galeriemitarbeiter*innen bis hin zu freiberuflichen Künstler*innen – wurden mit weiteren, existenzbedrohenden Unsicherheiten für die Basis-Daseins(vor)sorge belastet. Vielen Kunst- und Kulturarbeiter*innen gingen Einkommensquellen verloren, sie erhielten nur bedingt Ausfallhonorare51 oder wurden nur begrenzt durch staatliche Hilfsmaßnahmen aufgefangen52, da diese an ihrer Arbeitspraxis vorbeigingen53 und damit dysfunktional (beziehungsweise nicht) wirkten. In dieser Situation wurden die existenziellen, systemrelevanten Verstrickungen verschiedener Kapitalformen und -flüsse deutlicher: Verstrickungen zwischen öffentlichen und privaten Geldern und Ressourcen, städtischen und staatlichen Finanzierungen, öffentlichen Stiftungen und privaten Unterstützungen durch Freunde und Familien, Steuergeldern (bei denen es sich um lokale Steuern, Verkaufssteuern, Vermögenssteuern und Steuerabzüge handeln kann) und Philantropien – die nun aber kaum transparenter geworden sind und damit nachzeichenbar wären54. Dies betrifft auch ganz generell die Entscheidungskriterien derjenigen öffentlichen Fördermaßnahmen für Kultur, die sich keiner Überprüfbarkeit stellen.
Während in der Bundesrepublik Deutschland über die Unübersichtlichkeit der Stiftungslandschaften geklagt wird und das Unbehagen an „Etikettenschwindel und politischer Einflussnahme“ wächst55 , verschmilzt die toxische Mischung aus Philantropie und Kapitalismus in US-amerikanischen Kulturzusammenhängen in dem Terminus Philantrophokapitalismus. Gründungen wie BP or not BP56 , P.A.I.N. (Prescription Addiction Intervention Now)57 und Decolonize This Place58 sind Reaktionen hierauf. Deutlich wurde darüber hinaus, dass es oft an vertraglichen Verbindlichkeiten zwischen Künstler*innen und Galerien, Theatern und Ausstellungshäusern mangelt59 – und das, obwohl bereits seit 1971 mit dem von dem Galeristen Seth Siegelaub und dem Juristen Robert Projansky erarbeiteten The Artist’s Reserved Rights Transfer And Sale Agreement eine Vertragsvorlage existiert, die Künstler*innen mit Rechten zu Mitbestimmung und Transparenz hinsichtlich der Zirkulationsprozesse ihrer künstlerischen Arbeiten ausstattet.60
Die Pandemiejahre 2020 und 2021 zeigen die unübersichtlichen und undurchsichtigen, ja exzentrischen Ökonomien des Kunstsystems, wenn sogenannte Megagalerien und Auktionshäuser in pandemischen Zeiten außergewöhnliche Umsätze und Gewinne verzeichnen61, und zwar nicht nur deshalb, weil die mit den Messen verbundenen Ausgaben für Reisen, Abendessen und Versandkosten gegen Null gehen62; wenn viele Künstler*innen ihren Beruf wechseln müssen und einige Blue-Chip-Künstler Erträge wie US-Top-Unternehmen erzielen63, Museumsmitarbeiter*innen in Deutschland in Kurzarbeit geschickt und in Ländern wie Großbritannien und USA in die Arbeitslosigkeit entlassen werden; wenn Kunstfinanzierungsfirmen und Auktionshäuser ihr Kreditgeschäft gemeinsam mit Hedgefonds ausbauen, da das Geschäft mit dem Weiterverkauf von Kunstkrediten an Investoren lukrativer wird64. Marktberichte teilen mit, dass im Gegensatz zu den Eigenaussagen der Akteur*innen der Einbruch angesichts der Absagen und Verschiebungen von Messen, Biennalen und Auktionen nicht so massiv wie erwartet ausgefallen sei: Dank der Online-Verkaufsplattformen, der stark gesunkenen Ausgaben, der Darlehen und staatlichen Unterstützungen sowie der steigenden Zahl der Milliardäre im Jahr 2020 wurde letztlich ein Umsatz von 50,1 Milliarden Dollar erzielt, sank die Beschäftigung in Galerien um nur 5 Prozent, in Auktionshäusern um 2 Prozent und waren nur 1 Prozent der Galerien weltweit gezwungen zu schließen. 18 Prozent der Galerien konnten ihr Gewinnniveau von 2019 halten, während 28 Prozent im Jahr 2020 profitabler waren als im Vorjahr.65 Deuten sich hier Selbstbeschreibungsmängel an, sind die fiskalischen Effekte durch die Pandemie ähnlich undurchsichtig wie die generellen Ökonomiestrukturen oder sind sie heute noch nicht absehbar? Dem entgegen befürchteten zwei Studien der UNESCO und des ICOM zu Beginn der COVID-19-Pandemie im Mai 2020, dass nach der Pandemie 13% der 95 000 Museen weltweit dauerhaft geschlossen blieben.66 Zwischen dem gewinnorientierten und dem gemeinnützigen Feld der Kunstwelt scheinen sich inmitten der Pandemie die Unterschiede, Diskrepanzen und Ungleichheiten jedenfalls zu verschärfen. Daher scheint es (mir) unerlässlich, das immer wieder für das Kunstsystem behauptete Primat der Ökonomie auf seine Richtigkeit und die hierin eingelagerten diskursiven Interessen zu prüfen. Ich schlage vor, vielmehr von einem Apparat der Industrie auszugehen und auf dessen Grundlage die hierin wirksamen Operationen, wie beispielsweise die Wertbestimmungen, die An- oder auch Aberkennungsprozesse und auch die Verwertungen künstlerischer Arbeiten näher zu bestimmen67.
(2) Ungleiche Kunstinstitutionen und Ungleichheiten in Kunstinstitutionen
Die COVID-19-Pandemie gibt Einblicke in verschiedene organisatorische Formen von Kunstinstitutionen68 und hier, welchen unterschiedlichen Schwierigkeiten, Anfälligkeiten und Anforderungen zum Beispiel öffentlich-rechtliche und damit öffentlich finanzierte Kunstinstitutionen, privat-rechtliche und damit privat finanzierte Organisationsformen, gemeinnützige Vereine mit ehrenamtlichem Engagement sowie eigentümerbetriebene Auktionshäuser, Galerien und Agenturen durch die Pandemie ausgesetzt sind. Um- oder Neuorganisationen hat die Pandemie bisher noch nicht in Gang gesetzt. Details dazu werden noch auszuwerten sein und können weiter dazu führen, institutionelle Zusammenhänge, etwa die kausalen Sinn- und Wirkzusammenhänge zwischen Erwartungen an (Kunst-)Institutionen, Begehrensstrukturen und Legitimierungsprozessen zu überdenken69, um damit die instituierenden Praxen70 differenziert nachzuzeichnen. Die Auswertungen werden womöglich auch dazu führen (müssen und können), dass in einem komplexen Gefüge aus Mitarbeiter*innen, Künstler*innen und der Zivilgesellschaft, unter Beteiligung kulturpolitischer, juristischer und steuerlicher Expertisen neue, faire, inklusive und strukturell gerechte Institutionsmodelle erdacht und geschaffen werden, die andere Formationen von Kunstschaffenden- und Förder*innen-Verhältnissen erproben. Vielleicht – und auch hier bietet sich methodisch an, für instituierende Praxen das Potential von Preenactments zu nutzen71 – wird die künstlerische Praxis und Praktik in dem immer wieder zu de-/konstruierenden Zentrum der Ökologien stehen, vielleicht sind diese Formationen bevorzugt kommunal angebunden und gemeinschaftsbasiert, vielleicht finden holokratische, flache und integrative Arbeitsmethoden ihren Einsatz und vielleicht treten die Förderungen künftig als verteilte Katalysatoren und Inkubatoren auf, die in das künstlerische Denken und Forschen investieren und damit ganze Ökologien von der Ausbildung und Produktion über Residenzen, Ausstellungen und öffentliche Programme bis hin zum Sammeln entfalten.72 Damit könnte versucht werden, die ambivalente Rolle von Kunstinstitutionen im Blick zu halten, weder bestehende und werdenden Institutionen abzulehnen noch ein ent- oder anti-institutionelles Außen zu imaginieren, weder traditionelle Ämterhierarchien noch die Opposition privater versus staatlicher Finanzierungen von Kunstinstitutionen zu reproduzieren. „Eine ‚progressive‘ Institution wäre vor diesem Hintergrund also eine, die – gegen die auf den ersten Blick statische Qualität des Begriffs Institution – eine bewegte Praxis der Organisierung betreibt.“73 Damit wäre die institutionelle Maschine auch vor einer Verschließung bewahrt, die Motiv und Motivation der vorliegenden Beobachtungen ist.
Die jüngste Aktualisierung des The Artist’s Reserved Rights Transfer And Sale Agreement aus 1971 beispielsweise ermöglicht bereits eine vertraglich abgesicherte Umverteilung, indem Künstler*innen einen Prozentsatz des Wiederverkaufsgewinns eines Kunstwerks einer (auch selbst gegründeten) gemeinnützigen Organisation zuerkennen und die Wiederverkäufer*innen als Anreiz dieser vertraglichen Vereinbarung einen Steuerabzug als Spende erhalten.74 So könnten zukünftige finanzielle Gewinne mit politischen und sozialen Werten in Übereinstimmung gebracht werden.75 Eine grundlegende und dauerhafte Strukturveränderung wird jedoch nicht erreicht werden, wenn nicht auch strukturelle Aspekte dessen, wie Kunst diszipliniert, tradiert, legitimiert, kanonisiert und verwaltet wird, verändert werden. Es zeichnet sich bereits ab, dass sich vorerst, und damit meine ich die pandemischen wie post-pandemischen Verhältnisse, darauf konzentriert werden wird, die bestehenden Institutionen zu retten, unabhängig von ihren strukturellen Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten. Neugründungen wie das Bündnis für eine gerechte Kunst- und Kulturarbeit, bestehend aus in Baden-Württemberg angesiedelten Akteur*innen und Institutionen im Bereich der Künste, versuchen daher seit Juni 2020, Brüche in den Status Quo einzuziehen und während der Krise der Institutionen deren Reformen in Gang zu setzen, um einen „systemischen Wandel herbeizuführen“76.
Die sogenannten komplementären Kulturfinanzierungsformen (hierbei handelt es sich meist um private und gemeinnützige Organisationen, wie sie beispielsweise in England und USA betrieben werden, da in USA auf Bundesebene kein Kulturministerium existiert und das National Endowment for the Arts dauerhaft unterfinanziert ist77), die Public-Private-Partnerships oder Matching-Funds praktizieren, wurden während der COVID-19-Pandemie ebenfalls stark strapaziert. Genau genommen wurde die breite Basis der Pyramide strapaziert78, wie sie Liam Gillick beschreibt: Gillick abstrahiert für die Struktur sowohl von Non-Profit-Organisationen als auch prominenter Museen wie des Museums of Modern Art eine Doppelpyramide. Die Basis der ersten Pyramide seien die Arbeiter*innen, Kunstvermittler*innen, Installateur*innen, das Aufsichtspersonal und die Verwaltung, also diejenigen, die inmitten der COVID-19-Pandemie zuerst entlassen wurden. Weiter oben befänden sich die verschiedenen Kurator*innen unterschiedlichen Ranges und an der Spitze schließlich steht der oder die Direktor*in. An diesem Punkt nun beginne eine neue, umgedrehte Pyramide, die auf der Spitze der anderen balanciere. An deren Spitze stünde der oder die Präsident*in des Kuratoriums, sie würde nach oben hin durch die Vorstandsmitglieder und die Mitglieder verschiedener anderer Komitees immer breiter und die Basis schließlich würde durch die ordentlichen Vorstandsmitglieder und finanziellen Förder*innen geformt.79 Die Gewerkschaftsbildungen, die an verschiedenen US-amerikanischen Kunstinstitutionen80 während der Pandemie umgesetzt und durchaus auch durch Agenturen im Auftrag der Institutionen zu verhindern versucht wurden81, sind auch den massiven Ungleichheiten in den Vergütungen geschuldet.82 Gillick warnt, dass institutionelle Hierarchien, Machtstrukturen und Klientelismus weitgehend unverändert bleiben könnten und/oder ein Kader bevorzugter Künstler*innen, Kurator*innen, leitender Manager*innen, Geldgeber*innen und Mäzen*innen installiert würde. Dann würden die Pyramiden weiterhin auf ihren Spitzen balancieren und die grundlegenden Annahmen darüber, wie Kunst als Wirtschaft funktioniert, bestehen bleiben.
Sozioökonomische Aspekte sind ganz offensichtlich wichtige Einflussfaktoren von Kunstinstitutionen und beeinflussen, wer sprechen kann, wem zugehört wird, wie die Kollegien zusammengesetzt sind, wessen Geschichten erzählt und bewahrt werden, welche Publika wie angesprochen und in- beziehungsweise exkludiert werden. Und dazu gehört auch, wer für wen und für welchen Lohn arbeitet.
(3) Gemeinschaftlich vereinbarte Ethik der Anteilnahme?
Diese Themen stoßen unmittelbar Fragen zu Sexismus, Rassismus, Kolonialismus und Klassismus an, denn die pandemische Krise tritt auch als Perspektivierungsmaschine von #MeToo, #BlackLivesMatter, #SayTheirNames, #FridaysForFuture und #DasIstKlassismus auf. Für den Kunstbetrieb heißen die Hashtags #Restitution, #Deaccessioning, #Reparation, #decolonizethisplace, #NoHumboldt21 und #MeTooLit. Bemerkenswert ist dabei eine in der Krisensituation neu zu beobachtende, gemeinschaftliche Empathie für Gerechtigkeit, Diversität und Inklusivität. Sollten sich hier solidarische und kooperative Praktiken abzeichnen und könnte damit eine (veränderte) Ethik der Anteilnahme in Gang gesetzt werden? Reformatorische Forderungen an das Kunstsystem und dessen Ökonomien, Politiken, Institutionen, Organisationen, Ethiken, Glaubenssätze und Ausschließungen wurden nun nicht mehr nur von den Regierten des Kunstsystems und auch nicht mehr nur in gleichen Milieus als Druck gegen die ausschließenden Strukturen formuliert. Vielmehr wurde in ähnlicher Emphase von allen Beteiligten des Kunstsystems hierarchie- und institutionsübergreifend Gleichheit gefordert und wurde sich informell auf selbstreferentielle Untersuchungen der beruflichen und institutionellen Probleme sowie auf selbstkorrigierende Verhalten vereinbart. Bisher orientierende bis normative Erwartungen, die die soziale Konstruktion Kunst legitimierten, wurden, so scheint es, noch einmal stärker und einvernehmlich in eine Aushandlungsbereitschaft versetzt. Wenn das ehemalige Witte de With Center for Contemporary Art in Rotterdam in Kunstinstituut Melly umbenannt wird, wenn Chaédria LaBouvier als erste Schwarze Gastkuratorin in der 80-jährigen Geschichte des Guggenheim Museums eine Ausstellung83 verantwortet und wenn mit Ashley James die erste festangestellte Schwarze Kuratorin an das Haus berufen wird, wenn sich der Kurator Dan Hicks für das Pitt Rivers Museum, Oxford in einem Mikro-Manifest für Museen im Zeitalter von COVID-19 auf ein antirassistisches, öffentlich zugängliches (public domain) und multiversales Museum verpflichtet, das sich vorrangig um Gemeinschaften, statt um Objekte kümmert – wenn gleichzeitig aber LaBouvier über die rassistischste Arbeitserfahrung ihres Lebens am Guggenheim Auskunft gibt und hierfür eine Stimmung weißer Vorherrschaft und ein Klima der Einschüchterung verantwortlich macht84, wenn Angestellte des San Francisco Museum of Modern Art in einem offenen Brief über die rassistischen Strukturen ihrer Institution klagen85 und Jill Snyder ihre Leitungsposition am Museum of Contemporary Art in Cleveland niederlegt, weil eine verabredete Ausstellung zu Polizeigewalt gegen Schwarze und Hispanics abgesagt wurde86, wenn am Metropolitan Museum 48 Prozent der entlassenen Mitarbeiter*innen People of Color sind, die ohnehin nur 43 Prozent der Mitarbeiterschaft ausmachen87, wenn Blue-Chip-Kunstunternehmen wie Jeff Koons LLC auf COVID-19-Förderprogramme des US-Finanzministeriums zugreifen (können), mit denen kleine Kunstunternehmen acht Wochen Lohnkosten überbrücken können sollen88 – dann zeugt das einerseits von performativen Selbstwidersprüchen oder auch Selbstbeschreibungskonflikten, andererseits aber auch von nur punktuellen, statt strukturellen Veränderungen der institutionalisierten Ungerechtigkeiten.
Laura Raicovich, ehemalige Direktorin des New York Queens Museum, forderte im März 2020 ihre Kolleg*innen an den Museen in einer Kolumne auf, sich mit den eingebetteten Geschichten und Hierarchien, mit den Strukturen und Abläufen in ihren Institutionen auseinanderzusetzen und legte damit – sicher nicht zufällig nach einer Reihe von prä-pandemischen Skandalen und Rücktritten verschiedener Vorstandsmitglieder – den Schwerpunkt auf eine institutionelle Ethik und Rechenschaftspflicht.89 „We must be more humble, less defensive, more experimental, more imaginative, and more honest with ourselves than perhaps we have ever been.“90 Auf epistemologischer Ebene hat jüngst Ariella Aïsha Azoulay zu dem Regime von Operationen, Praktiken und Verfahren geschrieben, das, auf imperialistischen Dogmen aufbauend, in Museen, Sammlungen und Archiven onto-epistemologisch den Umgang mit historischem Material regiere. Wie der Verschluss einer Kamera („camera shutter“) bewirke ein „imperial shutter“ eine Reihe von zeitlichen, räumlichen und differenziellen Trennungen (wie Gegenwart/Vergangenheit, hier/dort, Bürger/Nicht-Bürger, Täter/Opfer) und rahmt, genau genommen rammt sich der Imperialismus wie das Objektiv einer Fotokamera in die Motive ein. Plünderung, Objektivierung und systemische und körperliche Gewalt seien die organisierenden Merkmale von Fotografie, Archivierung, Musealisierung und der Geschichtswissenschaft selbst. Damit erzählt Azoulay die Foto-, Archiv-, Museums- und Wissenschaftsgeschichte als eine komplizenhafte imperiale Beziehungstechnologie, die 1492 begann und bis heute (im) Alltag reproduziert würde91: „I don’t consider imperial crimes past events; they are still operative, and the institutions, structures, and laws that enable them must still be dismantled and abolished.“92 Ihr Konzept des Unlearning Imperialism umfasst daher, die anhaltenden Ausschlüsse, Ungerechtigkeiten und Differenzierungen – institutionalisiert in Museen, Sammlungen, Berufen, Personalzusammenstellungen, Ausstellungen und Archiven – anzuerkennen und als gegenwärtige Potenziale der Regierten wahrzunehmen.93 „Empire invented the past and charged archivists and historians to turn its crimes into objects of unbiased historical inquiry.“94
Es wird fortgesetzt zu beobachten sein, erstens welche Differenzuntersuchungen und in welcher Intensität stattfinden und zu disziplinären und institutionellen Anerkennungen gelangen werden und ob es zweitens bei vagen reformatorischen Forderungen und Selbstversicherungen bleibt, sich Widersprüche und Inkonsistenzen herausbilden oder Interessensverschleierungen entwickeln werden, weil beispielsweise #BLM als ein öffentlichkeitswirksames Mittel instrumentalisiert wird – oder anders formuliert, weil Diversität zum Mainstream wird, ohne dass dekolonialisiert wird. Ausschlaggebend wird daher sein, ob die ethischen Vorhaben auch umgesetzt95 und die Routinen verändert werden: Werden Forschungsmittel zur Verfügung gestellt, um Schwarze, feministische und non-imperiale Epistemologien zu stärken, rassifizierende Wissenspraxen zu dekonstruieren und Geschlechter- und Gerechtigkeitskonzepte zu entwickeln? Wird ein plutokratischer Habitus sanktioniert? Werden Reparationen gezahlt, „erzwungen migrierte“ und „geplünderten“ Objekte96 restituiert und damit Wiedergutmachungen vorgenommen (colonial legacy), um das von Azouly geforderte non-imperiale Recht, „to live near your objects“97, zu leben? Werden in den Kunstinstitutionen Gehälter, Kommissionen und Beförderungskriterien transparent gemacht, Praktika bezahlt, Diversifizierungen von Arbeitsplätzen in Bezug auf Alter, Geschlecht, Herkunft und Bildung stattfinden und Künstler*innen in die institutionellen Entscheidungskreisläufe einbezogen? Werden Eintrittspreise niedrig gehalten beziehungsweise ausgesetzt, existenzsichernde Löhne gezahlt und Finanzierungsquellen in Verbindung mit Entscheidungsfindungen veröffentlicht? Werden Institutionen an politischen Debatten der sozialen Gerechtigkeit und des Umweltschutzes aktiv teilnehmen, CO2 Fußabdrücke korrigiert und Stiftungsgelder zum Beispiel in Social-Impact-Fonds investiert?98 „Museums are never neutral“, warnt Raicovich – im Gegenteil, Neutralität sei ein Schleier für Ungerechtigkeiten und Machtausübungen und bedürfe eines Widerstands, etwa, wenn öffentlich gewährte Steuerabzüge für wohltätige Spenden mit Entscheidungsfindungen von Kultureinrichtungen strukturell verzahnt werden, denn: „We must forge further, engaging in a far more inclusive conversation about what our collective desires are for cultural and civic spaces, how these might be enacted in myriad ways throughout a diverse ecology of museums, and what this might mean for public support in all its forms.“99 Azoulays Forderungen sind schon konkreter: „It is not possible to decolonize the museum without decolonizing the world. […] It is not about hiring an individual curator from Congo or Nigeria, but about opening the imperial borders and letting people re-build their worlds in proximity to their objects.“100
(4) Künstlerische und kuratorische Stille, pandemisches Verstummen oder instituierendes Stummhalten?
Haben künstlerische und kuratorische Aktivitäten in dem vergangenen Pandemiejahr aufgrund der geschlossenen Kunstinstitutionen #closedbutopen öffentliche Räume und Öffentlichkeiten entdeckt oder neue Öffentlichkeiten hergestellt? Wurden angesichts von #SaveOurMuseums durch die beteiligten Akteur*innen, durch das Kunstpublikum, die Museumsmitarbeiter*innen, die Künstler*innen oder Kulturpolitiker*innen institutionssichernde Koalitionen oder Aktivitäten in Gang gesetzt? Fanden aufgrund der aktuellen sozialgesellschaftlichen Herausforderungen von #Covid19, #MeToo, #Klimawandel und #BLM die künstlerischen oder kuratorischen Aktivitäten bevorzugt und programmatisch outside the White Cube, also außerhalb der strukturell performierten Ausschließungen statt? Thematisierten diese Aktivitäten die Schließungen, Restriktionen oder Existenzunsicherheiten systemkritisch und systeminterventionistisch? Oder verweigerten sie sich sogar dem Kunstsystem aufgrund der bereits prä-pandemisch existierenden strukturellen Ungerechtigkeiten? Wurden die vermittelnden, heilenden und krisenbewältigenden Dimensionen künstlerischer und kuratorischer Aktivitäten gesellschaftlich oder politisch unterstützt? Wurden mit Street-Viewing-Exhibitions im öffentlichen Raum oder in den Schaufenstern von Kunstinstitutionen101 oder mit einer Socially Distanced Art neue kuratorische oder künstlerische Praxen erfunden, ausprobiert und vorangetrieben? Wer in Folge der aktuellen Pandemie-Lage diese Szenarien angenommen haben sollte, irrt.
Kunst ohne, außerhalb, trotz oder auch gegen den White Cube ist bereits ein eigener, kunsthistorischer Topos, wie er sich beispielsweise mit Le Vide von Yves Klein in der Pariser Galerie Iris Clert 1958 oder mit Le Plein von Arman zwei Jahre später am gleichen Ort zeigt. Daniel Buren verbarrikadierte 1968 die Galleria Apollinaire in Mailand mit weiß-grünen Stoffstreifen; die Grupo de Arte de Vanguardia de Rosario organisierte zwischen Mai und Oktober 1968 für ihren Ciclo de Arte Experimental die Acción del encierro (ihre Einschließungsaktion), die Vernissagebesucher*innen in der Galerie einschloss; Robert Barry verschloss Künstlerräume, darunter das Art Bulletin 1969/1970102 mit dem Hinweis, „during the exhibition the gallery will be closed“ und verschickte diese Information als Ausstellungseinladung und Pressemitteilung. Teile dieser Geschichte erzählt Brian O’Doherty in seinem Essay Inside the White Cube, der in mehreren Teilen zwischen 1976 und 1981 in Artforum erschien und „aktiv eine eigene Kunstpraxis oder Methode“ und zwar die Institutional Critique begünstigen sollte: „Eine Erfolgsstory mithin: kunsthistorisch, kunstkritisch, kunstpraktisch, und eine große Ausnahme.“103 2016 aktualisierte und komplexierte Maria Eichhorn Barrys Arbeit für die Londoner Chisenhale Gallery: Für ihre Arbeit 5 Weeks, 25 Days, 175 Hours wurde vom 24. April bis 29. Mai unter Verwendung von Eichhorns Produktionsbudget die Ausstellungshalle geschlossen und das Personal freigestellt104; statt einer Vernissage fand ein Symposium zum Thema zeitgenössische Arbeitsbedingungen statt105. Die Institutional Critique, die retrospektiv mit einer ersten Generation in den 1960er/1970er Jahren (mit Michael Asher, Hans Haacke, Daniel Buren und Marcel Broodthaers) männlich, weiß, westlich und institutionskritisch kanonisiert wurde (obwohl zeitgleich unter anderem auch Eleanor Antin, Lee Lozano, Lorraine O’Grady, Adrian Piper, Mierle Laderman Ukeles und Martha Rosler institutionskritisch arbeiteten) und die parallel mit einer zweiten Generation in den 1980er/1990er Jahren (unter anderem mit Maria Eichhorn, Andrea Fraser, Fred Wilson und Rirkrit Tiravanija) mindestens als institutionsaffirmativ gekennzeichnet wurde, ist Andrea Fraser zufolge eine „Methodologie kritisch-reflexiver Ortsspezifizität“106 – und damit weit mehr als nur eine künstlerische Gattung, wie sie im ästhetischen Regime erzählt wird und erzählbar ist. Als eine künstlerische Gattung gelesen ermöglicht die Institutional Critique, die wirksamen Prämissen und Praktiken des ästhetischen Regimes (und hierzu zählen Hegemonien, Dichotomien wie zwischen Kritik und Affirmation sowie der White Cube) zu registrieren und dabei gleichermaßen sehen zu können, wie die Institutional Critique an die Theoriegrenzen stößt. Als eine institutionskritische künstlerische Praxis gelesen und damit aus der Gattung gelöst ermöglicht die Institutional Critique (zusammen mit anderen Praktiken wie der Public Art, Relational Art, Site-Specific Art, Post Studio Practice und Environmental Art), die Prämissenänderungen aller dieser kontextuell konzipierten künstlerischen Praktiken zu erkennen. Diese könnten beispielsweise in der Praxis einer Socially Distanced Art als Reaktion auf die aktuellen Gegebenheiten zusammengeführt werden: So ließ die Aktualisierung von „Untitled“ (Fortune Cookie Corner) von Felix Gonzalez-Torres aus dem Jahr 1990 – einer Anhäufung von 240 bis 1000 Glückskeksen – durch die Galerien Andrea Rosen und David Zwirner im Mai 2020 zunächst auf ein unter digitalen und unter Corona-Bedingungen stattfindendes Vorhaben schließen, das eine Re-Konzeptualisierung und Re-Kontextualisierung vornehmen würde. Die Einladung der beiden Galerist*innen Rosen und Zwirner an eintausend Menschen, die Installation zu appropriieren, an eintausend Orten situationistisch und ortsspezifisch zu installieren, medial zu dokumentieren, auf Social-Media-Kanälen zu posten und mit „#FGT🥠exhibition“ zu taggen, stellte sich allerdings schnell als eine Werbeaktion der beiden, in die Nachlasszusammenhänge Gonzalez-Torres’ involvierten Initiator*innen heraus, um den Relaunch des neuen Webauftritts der Felix Gonzalez-Torres Foundation zu begleiten. Noch dazu änderte die Appropriation die Bedingungen der künstlerischen Vorgaben durch den Künstler und AIDS-Aktivisten, sodass sein explizites und verpflichtendes Inklusions- beziehungsweise Inkludierungskonzept kollabierte. Hinzu kam eine unglückliche, aber auch erhellende Koinzidenz der Ereignisse: „Untitled“ (Fortune Cookie Corner) ging am 25. Mai 2020 online, am selben Tag wurde George Floyd getötet.
Warum nun die Stille? Und ist sie als solche überhaupt richtig benannt? Warum werden im Kontext der aktuellen Konflikthaftigkeiten nicht andere Orte, andere Zeiten, andere Akteur*innen, andere Ansprachen, andere Themen, andere Öffentlichkeiten in einer zeitadäquaten Auseinandersetzung mit Gouvernementalitäten erprobt? Warum werden damit nicht ganz grundsätzlich die künstlerischen und kuratorischen, aber auch die theoretischen Produktionsweisen und -zusammenhänge geprüft? Warum bleibt in der Phase sozialer Distanzierungen die Produktion, Finanzierung, Verbreitung oder Theoretisierung einer Socially Distanced Art aus? Wo werden die Diskussionen geführt, was eine zeitgenössische oder mit Avanessian formuliert eine zukunftsgenössische Kunst kennzeichnet? Warum werden nicht Räume, Öffentlichkeiten und Gemeinschaften geschaffen oder das Museum als Impfzentrum, Klassenzimmer oder Gemeinschaftsbüro ausprobiert? Soweit meine Beobachtungen107 – was mögen die Ursachen hierfür sein? Handelt es sich um eine Stille, die durch die aktuellen pandemischen Arbeitsbedingungen begründet ist? Für geschlossene Archive, auslaufende befristete Verträge, Existenzängste, prekäre Lebensbedingungen, fordernde Care-Arbeit, strapazierende Gender Pay Gaps? Ist sie durch soziale und ökonomische Disruptionen als Folge der Pandemie verursacht, die in berufliche, private, psychische und affektuelle Zusammenhänge eindringen und nun das „nackte Leben“ stattfinden lassen? Oder handelt es sich um ein system(at)isches Stummmachen und Stummhalten, zum Beispiel durch interessensgeleitete Förderentscheidungen, womit automatisch ungleich organisierte Kräfteverhältnisse zutage treten würden? Offenbart sich hier die Gefahr einer restriktiven Auslegung von Regierungstechniken in Form von instrumentalisierten Ressourcenverteilungen, die im Kontext der COVID-19-Pandemie weniger auf Experimentelles und Riskantes, dafür auf Bewährtes und Bewahrendes setzen. Führen die Rettungsprioritäten bestehender Institutionen schon oder gerade jetzt zu Unwuchten des Verhältnisses von instituierenden Praxen, Instituierung und Institutionalisierung, von transgressiven und korporativen Institutionen?108 Finden hier pandemisch interessensgeleitete und vermachtete Vor- und Aussortierungen statt, die zunächst durch das Pandemiemanagement legitimiert werden, dann aber zu künstlerischen An- und Aberkennungsprozessen, in der Folge zu Erwartungs- und Begehrensstrukturen und weiter zu Beharrungsvermögen tradierter Gewohnheiten und Standards führen (können)? Und welche Gefahren treten hier durch apparative Verschließungen in Kraft? Auch dann und damit würde sich von der Vorstellung post-pandemischer Verhältnisse zu verabschieden sein.
Ob sich also Künstler*innen und Kurator*innen den aktuellen Herausforderungen nicht stellen, ob erschöpfte Widerstandskräfte wirken109 oder ob pandemisch verursachte Förderentscheidungen zur Bewahrung etablierter Strukturen stattfinden, ist nicht validierbar. Fördergremien arbeiten intransparent und es werden allenfalls geförderte Projekte sichtbar; welche Ausschlüsse vorgenommen werden, wird nicht sichtbar. Im Rahmen fortgesetzter Gouvernementalitätsuntersuchungen werden diese Zusammenhänge weiter analysiert werden müssen und insbesondere auf epistemische und methodische Aspekte von Un-/Sichtbarkeiten zu prüfen sein. Es bleibt die Frage, die schon die vorliegende Untersuchung leitet: Wie ist etwas sichtbar zu machen, das sich der Sichtbarkeit durch apparative Verschließungen entzieht? Vorerst bleibt abzuwarten, was in dem nun zusammengezogenen diagnostischen Inkubationszeitraum von Kunst passieren wird, wenn er sich wieder entzerrt beziehungsweise unter welchen Möglichkeitsbedingungen er sich wieder entzerren kann.
(5) Digitalisierungskompetenzen am Anfang
„2020 should go down in history as the Year of the Digital. As lockdowns spread across the world, online events began stacking up.“110 Mit diesem „Stapeln“ mögen Online-Ausstellungen in scrollender 2-D-Optik, Online Viewing Rooms (OVR), Atelierbesuche via Zoom, Virtual Reality Ausstellungen, Livestream-Gespräche, 360-Grad-Video-Touren, Digitorials, Podcasts, Slideshows, Apps, Avatareinsätze etcetera gemeint sein111. Oder auch die auf Twitter und Instagram112 stattfindenden direkten Publikumsansprachen in Form von Spielen und Wettbewerben, beispielsweise #tussenkunstenquarantaine, #museumchallenge, #curatorbattle, #museumbadhairday, #creepiestobject und #FridayArtQuiz. Aber: JPGs im Netz bedeuten noch lange nicht, dass hier webbasierte Mittel oder Strategien eingesetzt werden. So heißt es denn auch frühzeitig im ersten Lockdown: „Dear art world: I love you dearly, but can we pretty please stop calling JPEGs on a web page ‚virtual galleries‘?“113 Und: „Congratulations art fairs, you have officially caught up to the World Wide Web circa 1997.“114 Portale wie Culture Fix115 und Cultural Digital Streams116 bieten einen Überblick über die Digitalisierungsaktivitäten117 der Museen; eine Kartierung digitaler Museumsinitiativen seit Pandemiebeginn nimmt aus informationsmodellierender und museologischer Perspektive Chiara Zuanni von der Karl-Franzens-Universität Graz vor: Auf digitalmuseums.at sind mittlerweile gut 600 Aktivitäten #closedbutactive kartiert, die die Museumsmitarbeiter*innen selbst über ein Google Formular hochladen können.118 Da die Kartierung visuell auf einer Weltkarte vorgenommen wird, ist als ein Nebeneffekt die digitale Spaltung (digital divide) sichtbar, die aber auch den Prämissen des Forschungsprojekts geschuldet sein dürfte: Die Webseite ist in englischer Sprache verfasst. Anish Anand, CEO und MD des Unternehmens DAG (Delhi Art Gallery) mit Galerien in Indien und New York und nach Eigenauskunft mit einem Interesse an dem Sekundär- und dem Publikationsmarkt, informiert, dass in dem Pandemiejahr 2020 mehr Menschen Kunst online gesehen hätten als in den 28 Jahren des Bestehens von DAG. In Forbes India gibt er ohne Zurückhaltung Auskunft über die Digitalisierung als ein Geschäftswerkzeug im Kunstbetrieb: „Social media has now become a business tool. Digital platforms provide instant access to art. As technology revolutionises, we will be able to experience our museums and galleries in real time, perhaps watch artists at work, see exhibitions being mounted, travel virtually to international biennales. We must be prepared to embrace these technologies […].“119 Daher dürfte es nicht verwundern, dass Google Inc. 2011 die Webanwendung Google Arts & Culture gründete, mit der Kunstinstitute, die registrierte Partner des Google Cultural Institute sein müssen, ihre Sammlungen und Räume urheberrechtsfrei extern gehostet auf der Google-Webseite und in der zugehörigen kostenlosen App digital zugänglich machen. Mittlerweile sind mit der unternehmenseigenen Technologie Google Street View die Sammlungen von 2 000 Kunstmuseen in 360-Grad-Optik und 100 000 Kunstwerke mit dem unternehmenseigenen Foto-Roboter GigaPan hochaufgelöst digitalisiert worden.120 Googles Gamifizierungs-Interesse zeigt sich beispielsweise in dem Selfie-Feature der App, mit dem User*innen ihre Gesichter mit Gemälden abgleichen und kunsthistorische Doppelgänger*innen finden können. Museen bezahlen für ihr Interesse an einer verbesserten Reichweite, an Internationalität, Attraktivität und der Verpartnerung mit Google mit dem Zugang zu ihren Räumen und den ihnen anvertrauten Kunstwerken; User*innen bezahlen für ihren Spielsinn und ihre Neugierde mit ihrer Gesichts(wieder)erkennung – mit diesen Daten kann Google in seiner Logik fortgesetzt Nutzer*innenprofile ausdifferenzieren und die Suchmaschine optimieren, Google kann Cookies setzen, in Auswertung der Browserhistorie der User*innen Werbung personalisieren, also eine von den User*innen unkontrollierte Auswertung in Form von Daten, Klicks und Traffic vornehmen. Dieses Beispiel zeigt, dass Digitalkompetenzen (digital literacy) aller Akteur*innen des Kunstsystems nicht beiläufig zu erwerben sind und kurzfristige Lösungen zu Abhängigkeiten auf der Ebene des Hostings, des Softwareeinsatzes, des Kostenaufwands und des Know Hows führen. Denn bei allen digitalen Aktivitäten, die mit der Pandemie einsetz(t)en, ist zu bedenken, dass sie zu diesem Zeitpunkt ebenso erzwungen wie längst überfällig waren und schließlich ohne zeitlichen Vorlauf und mit sehr unterschiedlichen finanziellen Ausstattungen und Kenntnissen installiert wurden. Die Ursachen hierfür liegen auch in länder- und institutionsspezifischen Versäumnissen digitaler Infrastrukturierungen.
Die aktuelle, erstaunlich unreflektierte Re(tro)-Auratisierung von Präsenz und Live-Momenten (auf Vernissagen, in Theatern, bei Lesungen, in Museen, in der universitären Lehre, auf Tagungen), dass nichts die direkte physische Begegnung ersetzen könne121, ist dabei nur ein Indiz der unterkomplexen und medienunkritischen Auseinandersetzung mit den Gewinnen und Effekten von Digitalisierung. Denn der populäre Vorbehalt gegenüber der Digitalisierung zum Beispiel von Museums- und Theaterinhalten, dass diese „anders“ als die Präsenzkultur sei oder das Live-Ereignis nicht ersetzen könne, lenkt von substanziellen Umstrukturierungen ab, die kapitalistische, kolonialistische oder geschlechtsdiskriminierende Ungleichheiten fortsetzen und Fragen zu Bedeutung, Besitz, Zugang und Anerkennung vernebeln. Jedes geäußerte Bedauern, dass sich mit der Digitalisierung eine „andere“ Präsenzerfahrung einstelle, sich damit lediglich auf Rezeptions- und Wirkungsprozesse beschränkt und eine Konkurrenzsituation von Präsenz und Digital kreiert wird, markiert erstens digitale Affizierungen und Alterierungen als pejorativ und lenkt zweitens von den hier zeitgleich und meist unsichtbar stattfindenden oder unsichtbar gehaltenen und damit auch privilegiert unsichtbar bleibenden medien- und datenpolitischen Prozessen ab. Technologische Angebote wie GA&C122 reproduzieren den westlichen Kanon mit dominierenden, zentralperspektivistischen Sehgewohnheiten, mit dem Körper-im-Raum, mit vordigitalen Selektionen und etablierten Unterscheidungen, mit bestehenden Besitzverhältnissen, mit einer Replikation des White Cube und dessen weißen, scheinbar neutralen Räumlichkeiten sowie der vorgeblich essentiellen Wand als der Ort, an dem die bereits sanktionierte Kunst stattfindet. Und auch bei Avataren, die in das Geschehen eingebunden werden, ist immer zu fragen, wo, wie und wohin der Blick installiert ist und in welchen Relationen das Gesehene zum Sehenden und umgekehrt steht: Welche Betrachter*innen werden hier imaginiert und technisch konstruiert, welche Blicke nehmen hier wie und welche Reimaginierungen, Verwerfungen oder Selektionen vor? Wie wird also durch Interfaces gesehen und konstruiert? Siobhán McGuirk vom Goldsmiths, London schreibt: „[…] the recreation of particular aesthetics, spaces, frames and perspectives as indexing art suggests that capitalist, colonial perspectives are echoing into virtual worlds“123 und warnt, dass selbst Restitutionen beeinflusst würden, da digitale Entwicklungen Rückführungsbemühungen zähmen könnten. Erstaunt dabei nicht auch, dass gerade inmitten der COVID-19-Pandemie als einer ge- und verteilten Gemeinschaftskrise mit den NFTs124 als alternativer Kapitalisierungs- und Marktform für virtuelle Kunstformen auf einmal erstens Individuallösungen gefunden werden, bei denen es sich zweitens um Varianten eines Authentifizierungs- und Echtheitsnachweises handelt, die drittens statt einer partizipativ relationalen, über viele Server verteilte Ausrichtung von Netzwerkkunst eine datei-konzentrierte Offline-Lösung darstellen? Inmitten der Pandemie wird durch Re(tro)-Auratisierung das Kunstwerk als Objekt und Besitzfetisch wiederentdeckt.
Mit folgenden weiteren Überlegungen, angestoßen durch das „Year of the Digital“, wird sich künftig auseinanderzusetzen sein: Welche Auswirkungen haben die aktuell stattfindenden, aber so unterschiedlich125 in Gang gesetzten Digitalisierungsprozesse auf die Lehre, Forschung, Präsentation und Administration, auf den Handel und Verkauf von Kunst? Wie speisen sich die Geschäftsbedingungen und marktwirtschaftlichen Interessen der anbietenden Unternehmen in unsere Gegenstände, unsere Beobachtungen und uns Beobachtende ein und in welche Abhängigkeiten begeben wir uns, wenn wir uns hierfür nicht interessieren? Sind Sammel-Verkaufsplattformen für Galerien oder eigeninitiierte Messepräsentationen126 bereits Solidarformen der Beteiligten oder doch Marketingstrategien, welche die Initiator*innen zu Drittanbieter*innen werden lassen, da diese ihre bereits bestehende Infrastruktur als Zusatzleistung einsetzen können? Welche unterschiedlichen Herausforderungen existieren, ein Museum zu digitalisieren oder digitale Ästhetiken in Theaterinszenierungen einzusetzen? Werden hierdurch bereits überwunden geglaubte Traditionalismen und Legitimitätsgefälle etwa zwischen der Bildenden und der Darstellenden Kunst reaktiviert? Was passiert, wenn Besucher*innen zu User*innen werden und Kunstwerke zu „Content“? Wie wirken die veränderten Rezeptionsbedingungen in Form von virtuellen Environments und Szenografien, von Split-Screen-Ästhetiken und synchronen Online-Sozialitäten auf die Perzeption von Kunst? Welche Auswirkungen hat der aktuell dominierende Leitkontext des social distancing auf die Kunstproduktionen? Welche Auswirkungen haben die aktuell stattfindenden Digitalisierungsprozesse auf browserbasierte Web-, Inter/Net-, Social-Media-, App- und andere verteilte, netzwerkbasierte Kunst? Ich jedenfalls habe mehr Netzkunst, Netzwerkkunst, kombinierte URL- und IRL- respektive AFK127-Ansätze (um beispielsweise in der jetzigen Situation des Hyperrealen das „Reale“ zu prüfen), Gemeinschaftsradiosender, Mail-Art-Initiativen oder auch künstlerische Hijack-Projekte auf publikumsstarke Webseiten oder Social-Media-Accounts von Kunstinstitutionen erwartet. Ich habe auch erwartet, dass die verschleppte Digitalisierung, der digitale Analphabetismus und die digitale Spaltung (digital divide) stärker thematisiert würden und das ermächtigende Potential von Künstler*innenwebseiten (wieder-)entdeckt würde. Erwartet habe ich nicht, dass der Dualismus von on- und offline, von physisch und virtuell, von real und digital, inklusive der Vorbehalte und Klischees reaktiviert oder die schon längst dekonstruierten Neutralitäten (von Daten, Programmen und Marktanbietern) re-imaginiert würden.
Es wird fortgesetzt zu beobachten sein, ob nun digitale Netzwerke die Beziehungen zwischen Künstler*innen, Institutionen und Publika infrastrukturell aufrecht erhalten und/oder diese um- und neuorganisieren werden – wenngleich es nicht einfach ist, das emanzipatorische Potential des Internets anzuerkennen, wenn Social-Media-Plattformen und Videokonferenz-Tools privatwirtschaftlichen Interessen folgen und Social Media alles andere als sozial wirkt. Mit diesen Fragen und Überlegungen werden Aspekte der Digitalisierungspolitiken und Varianten von Gouvernementalitäten angestoßen, die zwingend in den Blick zu nehmen sind. Deutlich wurde bei vielen digitalen Aktivitäten, dass die Möglichkeitshorizonte noch längst nicht berührt wurden: „Die Kunstwelt steht mit digitalen Formaten noch am Anfang.“128
(6) Defizite
Durch die Pandemieereignisse und die hierin aktivierte Hypervigilanz wird für „das Kunstsystem“ Folgendes sichtbar: Es fehlen Informationen, es fehlt Wissen, es fehlen Kartografien. Durch Online-Werkzeuge, etwa mittels einseh- und editierbarer Dokumente und Tabellen, könnte hierfür umfassend nachgearbeitet werden.129 Explizit für den deutschsprachigen Raum fehlen differenzierte Auseinandersetzungen etwa zu Klassismus als grundsätzliches gesellschaftliches Thema, unter anderem bedingt durch fehlende Informationen zu Vermögens- und Einkommensverteilungen. Für die „Illusion einer egalitären Gesellschaft“ wären seit der frühen Nachkriegszeit, so der Soziologe Felix Römer, „Fragen der Armut und ökonomischen Ungleichheit in Wissenschaft, Öffentlichkeit und Politik der Bundesrepublik zum Großteil ausgeblendet“ worden. Dies hätte zu statistischen Blindstellen und dem Fehlen einer statistischen Kompetenz geführt.130 Für den Kunstbetrieb ließe sich daraus die Forderung ableiten, aktuelle und historische Informationen zu recherchieren, zusammenzustellen, einzuordnen, zu bewerten und zu kartografieren. Dabei könnte es sich um Finanzen, Zuschüsse, staatliche Förderungen, Gehälter, Sozialleistungen, Betriebseinnahmen und -ausgaben, Eintrittsgelder, Klimabilanzen, Personalzusammensetzungen, Sammlungen, Spenden, Einnahmequellen, Steuerabzüge und -begünstigungen, Mitgliedschaften, Kürzungen, Reserven, Leihgaben oder Digitalisierungsaktivitäten handeln. Mit der Hilfe von öffentlichen Daten, Finanzberichten, Fragebögen und Interviews wären in Kombination mit einer digitalen Kompetenz differenzierte Übersichten, auch im Unterschied zu anderen Ländern131 möglich. Auf dieser Grundlage ließen sich dann differenzierte Diskussionen führen, die auch zu angemessenen Hilfsmaßnahmen für Solo-Selbstständige leiten könnten.132 Dabei wären immer auch die hier vorgenommenen Markierungsprozesse zu berücksichtigen: Was gilt als norm(al), wie werden Standards gesetzt, was sind die Maßstäbe, was die Bewertungskriterien, welche Anerkennungs- und einhergehenden Aberkennungsprozesse werden wie in Gang gesetzt?: „Reporters, please stop pretending gallery representation or sales are a barometer of the art community in general. They’re not. A very small percentage of artists make their livings off sales. Also, it is also NOT a barometer of success.“133
Für die kunstsystemischen Kommunikationen wäre insbesondere auf die diskursiven Prozeduren zu achten, auf Schweigen, Rhetoriken, Zurückhaltungen, Verschleierungen, Zuschreibungen, Mystifizierungen, Plausibilisierungen, eingelagerte Klassismen und Konventionen, die unsichtbar oder auch blind machen und nächste Wirklichkeiten bilden. Dazu zählt, dass wider besseren Wissens Begriffe harmlos oder verharmlosend eingesetzt werden, deren Präzision allein einen Paradigmenwechsel in der Theoretisierung und Historisierung in Gang setzen könnte – hierfür verweise ich auf den homogenisierenden Singular des Kunstsystems, der durch die soziologischen Studien von Niklas Luhmann 1994 in den Diskurs eingeführt134 und seither nur gering weiterentfaltet wurde135, sowie auf den indifferenten Begriff der Kunstwelt beziehungsweise der Artworld. War er in den 1960er Jahren – als Arthur C. Danto ihn verwendete, um paradigmatisch von dem geschichts- und ästhetikorientierten zu dem institutionellen Diskurs von Kunst zu wechseln136 und George Dickie ihn systematisch weiterentwickelte137 – politisch und institutionskritisch, ist sein Einsatz heute problematisch. Mittels einer Untersuchung der dispositiven und diskursiven Verfasstheiten wäre zu prüfen, ob dessen Einsatz durch eingehaltene Diskurskonventionen zu Nichtperspektivierungen führen beziehungsweise Nichtperspektiviertes hergestellt wird, ob hierdurch Auslassungen und Ausblendungen stattfinden, die ausgrenzen, auf Abstand halten oder sogar Unsinnigkeiten reproduzieren oder, eine dritte Variante, ob das nebulös Ungefähre, Uneindeutige und Unverbindliche des Begriffs Kunstwelt nicht sogar die spezifische Mischung aus Idealismus, Fiktion, Gossip und Glamour generiert, die sich einer marktwirtschaftlichen Vereinnahmung vorgeblich zu entziehen in der Lage sein soll. Auf Ben Easthams Frage, wie viele Menschen zur Kunstwelt gehörten, um damit definieren zu können, was die Kunstwelt denn nun sei, reichten die Antworten von einigen Hundert bis zu mehreren Hundertausend138 – die jeweilige Antwort gibt Auskunft darüber, wie der/die Antwortende die Kunstwelt konzipiert, ob er/sie sich inner- oder außerhalb platziert, welchen Illusionen er/sie sich aussetzt, ob und wie welche Mythen wirken, welche Bias greifen. Howard S. Becker hatte bereits 1982 mit Art Worlds eine gleichnamige Publikation vorgelegt, die die Pluralisierung eines prominenten Terminus technicus bereits im Titel vornimmt. Der Begriff Artindustry, der im deutschsprachigen Diskurs als Kunstindustrie noch keine Verankerung gefunden hat und eher auf Widerwillen stößt139, ließe unseren Beobachtungsgegenstand zunächst erst einmal als einen Apparat konzipieren, der auf seine Betriebsweisen und Routinen, auf Zirkulationen und Zwänge, auf Regularien und Verwaltungen, auf Ökonomien und Ressourcen geprüft werden könnte. Hierdurch wären ebenso geografische, soziopolitische, geschlechtliche, klassifizierende und rassifizierende Operationen zu dekonstruieren. Ob der Begriff dabei im Singular oder im Plural eingesetzt wird, würde wiederum zu unterschiedlichen Fiktionen und Perspektivierungen sowie zu Auskünften regionaler, nationaler und globaler Unterschiede führen. Alois Riegl hatte den Begriff Kunstindustrie Anfang des 20. Jahrhunderts in dem Titel einer seiner Publikationen untergebracht, sollte hierin aber andere Begriffe (das Kunstwollen und die Spätantike) prägen140; seit Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre muss mit der steigenden Zahl von Biennalen, Galerien, Auktionshäusern, Künstler*innen und Kunstwerken von einer Kunstindustrie die Rede sein. Oder wie Tim Schneider formuliert: „That clubby handshake business where everybody knew your name has been replaced by a multibillion-dollar international industry.“141 Schneider benennt drei Mythen, die sich in den späten 1980er Jahren als falsch erwiesen hätten und die „quaint cottage industry“ zu einem globalen Unternehmen transformierten: Zeitgenössische Kunst wäre nicht populär (ein Zuwachs von 1 700 Prozent bei den Marktanteilen zeitgenössischer Kunst in Auktionshäusern in den letzten 30 Jahren würde auf Gegenteiliges hindeuten); Auktionshäuser und Galerien seien strikt zu unterscheiden (eine Hybridisierung beider Unternehmensstrukturen mache eine „360-Grad-Kunstdienstleistung“, vom privaten An- und Verkauf über Beratung und Nachlassplanung bis zu Sammlungsmanagement und Logistik möglich); es gäbe keinen globalen Geschmack (in den letzten 30 Jahren wäre eine 234-fache Umsatzsteigerung durch 9 017 statt durch 313 Verkäufen von Kunstwerken auf dem Hongkonger Kunstmarkt erzielt worden). Affizierung, Marktdurchdringung und Globalisierung sind drei Parameter des epochenprägenden, politökonomischen Paradigmas der letzten Jahrzehnte, das Neoliberalismus genannt wurde. Die einhergehende Zunahme prekärer Lebensbedingungen, von Armut, hohen Profiten und polarisierten Einkommensverteilungen sind exakt diejenigen Faktoren, die zwar ab März 2020 mit Beginn von SARS-COV-2 thematisiert werden, aber nicht erst seitdem die Logik des Kunstsystems bestimmen. Andrea Fraser kommentierte schon 2005: „That the art world, now a global multibillion-dollar industry, is not part of the ‚real world‘ is one of the most absurd fictions in art discourse.“142 Wir sind schon längst pandemisch gewesen.
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"#closedbutopen" ist ein Hashtag, der während der COVIC-19-Pandemie auf Twitter zu einem prominenten Schlagwort von Kulturarbeiter*innen und Kulturinstitutionen wurde und eine Verschlagwortung unterschiedlicher Veranstaltungen, Forderungen, Schließungen und Themen vornahm. ↩︎
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„Mit ‚soziales System‘ ist ein System gemeint, das sich durch eigene kommunikative Operationen selbst etabliert.“ Niklas Luhmann: Die Ausdifferenzierung des Kunstsystems, Wabern-Bern 1994, S. 8. Zu dem problematischen und durch die COVID-19-Pandemie erneut problematisierten Begriff des Kunstsystems, dessen Ausdifferenzierung als ein Funktionssystem der Gesellschaft Luhmann a.a.O. vorgenommen hat, vgl. meine Ausführungen unter Punkt (6) des Textes: Defizite. ↩︎
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Zum Terminus technicus des Betriebssystems Kunst vgl. Thomas Wulffen: Betriebssystem Kunst. Eine Retrospektive, in: Kunstforum International, Bd. 125, Jan./Feb.,1994, S.50–58. ↩︎
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Vgl. Giorgio Agamben: Kindheit und Geschichte, Frankfurt/Main 2004. ↩︎
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Dieses Wir meint die Teilnehmer*innen des Hauptseminars Everything is live now. Das Kunstsystem im Ausnahmezustand im Institut für Kunstgeschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München, im Sommersemester 2020: https://bkb.eyes2k.net/S2LMU2020.html [Abruf: 16.02.2021]. ↩︎
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Seit Ende Januar, Anfang Februar 2020 breitet sich auch in Deutschland die Infektionskrankheit COVID-19 aus, Mitte März wurde sie von der WHO als Pandemie eingestuft. Am 27. März 2020 trat in der Bundesrepublik das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl120s0587.pdf#bgbl%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl120s0587.pdf%27%5D__1613497831886 in Kraft, und Bund und Länder versuchten wie andere Länder weltweit, unter anderem mit Einschränkungen des öffentlichen Lebens die Pandemie zu stoppen [Abruf: 16.02.2021]. ↩︎
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Vgl. Giorgio Agamben: Homo sacer. Die souveräne Macht und das nackte Leben, Frankfurt/Main 2002. Vgl. ders.: Ausnahmezustand, Frankfurt/Main 2004. ↩︎
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Bei den vorliegenden Beobachtungen handelt es sich um die Ergebnisse einer Live-Feldforschung des Kunstsystems im Ausnahmezustand innerhalb des Ausnahmezustands, von Ende März bis Ende Juli 2020. Der Ausnahmezustand diente also als Beobachtungsmöglichkeit, als Beobachtungsinstrument und als Beobachtungsgegenstand. ↩︎
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Zum Begriff der Maschine vgl. Gilles Deleuz und Félix Guattari: Rhizom, Berlin 1977. ↩︎
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„Ich spreche von einer infizierten Gesellschaft. Es gibt keinen Bereich, der davon nicht betroffen wäre.“ Armin Nassehi in seinem Vortrag Die infizierte Gesellschaft am 18.12.2020, im Rahmen der LMU-Corona Lectures, https://www.lmu.de/de/newsroom/news-und-events/news/die-infizierte-gesellschaft.html [Abruf: 16.02.2021]. ↩︎
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Bei der Helsinki Biennale 2021 handelt es sich um die erste Biennale, die einen auf NGO ausgerichteten Carbon Footprint Calculator (https://www.sitra.fi/en/news/the-worlds-first-carbon-footprint-calculator-tailored-for-organisations-facilitates-climate-action) verwenden und mit einem Eco-Kompass (https://ekokompassi.fi/en/ecocompass) die Kohlenstoffemissionen in den Kategorien Abfall, Einkäufe, Energieverbrauch, Logistik und Mobilität berücksichtigen wird. Vgl. Maija Tanninen-Mattila: Art Biennials Are Carbon Catastrophes. Here’s How the Inaugural Helsinki Biennial Is Being Designed as a Climate Neutral Event, in: artnet, 09.03.2021, https://news.artnet.com/sustainability/helsinki-biennial-climate-1948199 [Abruf: 09.03.2021]. ↩︎
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Vgl. hierzu die Agamben vorausgehenden Ausführungen zur Betonung der Ausnahme gegenüber der Norm von Carl Schmitt: Politische Theologie. Vier Kapitel zur Lehre von der Souveränität (1922), Berlin 2004. ↩︎
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Quelle: E-Mail-Korrespondenz mit Christian Steinau vom 19.05.2021. Ich danke Christian Steinau für das Lektorat dieses Textes und seine hierin enthaltenen vielfältigen und weiterführenden Hinweise. ↩︎
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Ebd. ↩︎
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Zum Themenkomplex Ausnahmezustand vgl. das dokumentierte und archivierte Material auf der Seminarwebseite https://bkb.eyes2k.net/S2LMU2020/material.html [Abruf: 16.02.2021], insbes. den Vortrag von Jonas Heller, mit dem Titel Ausnahmezustand, am 29.03.2020, im Rahmen der Veranstaltung Kritische Theorien in der Pandemie. Ein Glossar zur Corona-Krise des Frankfurter Arbeitskreises für Politische Theorie und Philosophie, https://www.youtube.com/watch?v=Iktid9mD9rA&feature=emb_imp_woyt [Abruf: 16.02.2021]. ↩︎
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Vgl. u. a. Giorgio Agamben: Wir sollten uns weniger sorgen und mehr denken, in: NZZ, 07.04.2020, https://www.nzz.ch/feuilleton/giorgio-agamben-zur-coronakrise-wir-sollten-uns-weniger-sorgen-und-mehr-nachdenken-ld.1550672 [Abruf: 16.02.2021]. ↩︎
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Vgl. hier die Axiome 1 und 2 von George Spencer-Brown im Umgang mit Unterscheidungen, vgl. ders.: Laws of Form. Gesetze der Form, Lübeck 1997, S. 2. ↩︎
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Zum Begriff der Krise vgl. Reinhardt Koselleck: Kritik und Krise. Eine Studie zur Pathogenese der bürgerlichen Welt, Frankfurt/Main 1979, S. 105: „Es liegt im Wesen einer Krise, daß eine Entscheidung fällig ist, aber noch nicht gefallen. Und es gehört ebenso zur Krise, dass offenbleibt, welche Entscheidung fällt. Die allgemeine Unsicherheit einer kritischen Situation ist also durchzogen von der einen Gewißheit, daß – unbestimmt wann, aber doch bestimmt, unsicher wie, aber doch sicher – ein Ende des kritischen Zustandes bevorsteht. Die mögliche Lösung bleibt ungewiß, das Ende selbst aber, ein Umschlag der bestehenden Verhältnisse – drohend und befürchtet oder hoffnungsfroh herbeigewünscht – ist den Menschen gewiß. Die Krise beschwört die Frage an die geschichtliche Zukunft.“ [sic] ↩︎
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Zum Begriff und Konzept des Dispositivs vgl. Michel Foucault: Dispositive der Macht. Über Sexualität, Wissen und Wahrheit, Berlin 1978, S. 119f. Vgl. auch Giorgio Agamben: Was ist ein Dispositiv?, Zürich und Berlin 2008, S. 26. Vgl. ebenso Birte Kleine-Benne (Hg.): Dispositiv-Erkundungen | Exploring Dispositivs, Berlin 2020, hierin: dies.: Dispositivieren. Eine Annäherung | (Un)Doing the Dispositif. A Convergence, S. 9–55, hier S. 10, FN 2. ↩︎
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Bruno Latour: Wir sind nie modern gewesen, Frankfurt/Main 2008, S. 19. ↩︎
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Andrew Durbin, Amy Sherlock, Evan Moffitt, Pablo Larios und Terence Trouillot: What the Art World Has Learned in 2020, in: Frieze, 14.12.2020, https://www.frieze.com/article/frieze-editors-discuss-what-art-world-has-learned-2020, [Abruf: 16.02.2021]. ↩︎
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Liam Gillick und J. J. Charlesworth: Is This the End of Contemporary Art As We Know It? Has COVID-19 accelerated the demise of the artworld? What lies ahead?, in: ArtReview, 29.09.2020, https://artreview.com/is-this-the-end-of-contemporary-art-as-we-know-it [Abruf: 12.11.2020]. ↩︎
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Ebd. ↩︎
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Vgl. Judith J. Shklar: Der Liberalismus der Rechte, Berlin 2017. ↩︎
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Vgl. dies.: Der Liberalismus der Furcht, Berlin 2013. ↩︎
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Ich danke Marcus Held für unsere Gespräche und E-Mail-Korrespondenzen zu dem vorliegenden Thema. ↩︎
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Vgl. Hans Joas: Im Bannkreis der Freiheit, Berlin 2020. ↩︎
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Vgl. Thomas Bauer: Die Vereindeutigung der Welt. Über den Verlust an Mehrdeutigkeit und Vielfalt, Ditzingen 2018. ↩︎
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Vgl. Stefan Weber (Hg.): Was konstruiert Kunst?, Wien 1999, S 11. ↩︎
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Vgl. meine Ausführungen unter Punkt (6) des Textes: Defizite. ↩︎
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Vgl. Urs Stäheli: Sinnzusammenbrüche. Eine dekonstruktive Lektüre von Niklas Luhmanns Systemtheorie, Weilerswist 2000. ↩︎
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Vgl. Adam Czirak u. a. (Hg.): Performance zwischen den Zeiten. Reenactments und Preenactments in Kunst und Wissenschaft, Bielefeld 2019. ↩︎
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Armen Avanessian: Keynote im Rahmen der Online-Konferenz Postpandemisches Theater, am 11.11.2020, https://www.youtube.com/watch?time_continue=1228&v=wY0gKOSIU6I&feature=emb_logo, zwischen 3:40 und 18:00 min. [Abruf: 12.11.2020]. ↩︎
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Eine der ersten internationalen Erklärungen zu Menschenrechtsstandards wurde mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10.12.1948 in Paris verabschiedet, http://ohchr.org/EN/UDHR/Pages/Language.aspx?LangID=ger [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Vgl. hierzu auch meine Ausführungen: Künstlerische Poiesis ft. Menschenrechte ft. künstlerische Poiesis, in: Kunsttexte, Sektion Gegenwart, H. 4, 2019, https://doi.org/10.18452/20948.2 [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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600 US-amerikanische Kunstinstitutionen forderten unter Leitung des American Alliance of Museums (AAM) von der US-amerikanischen Regierung weitere Finanzunterstützungen. Eine Erholung sei nicht vor 2025 in Sicht, daher müssten die Hilfsmittel für die Shuttered Venue Operators Grants aus dem Dezember 2020 erhöht werden. Vgl. o.A.: US Art Institutions Continue to Struggle as Pandemic Grinds on, in: Artforum, 23.02.2021, https://www.artforum.com/news/us-arts-institutions-continue-to-struggle-as-pandemic-grinds-on-85150 [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Vgl. Stäheli 2000 (wie Anm. 31). ↩︎
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Vgl. Christoph Möllers: Freiheitsgrade, Berlin 2020. ↩︎
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Vgl. Jaques Lacan: Sinthome, Wien 2017. ↩︎
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Aram Bartholl, twitter, 24.03.2020, 7:08 pm, https://twitter.com/arambartholl/status/1242513584397135872 [Abruf: 24.03.2020]. ↩︎
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Vgl. die Seminarwebseite: https://bkb.eyes2k.net/S2LMU2020.html [Abruf: 16.02.2021]. ↩︎
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Zum Begriff der Ent-Verschließung und der dieser Phase vorangehenden öffnenden Schließung und nun schließenden Öffnung vgl. meine noch unveröffentlichten Untersuchungsergebnisse, gemeinsam mit Marcus Held: Socially (Engaged) Art (Theory). Öffnung des Geschlossenen: Zur Dekonstruktion einer (Begriffs-)Vermachtung für post-regime und post-pandemische Zeiten, 2021. ↩︎
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Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/COVID-19-Pandemie_in_Deutschland [Abruf: 16.02.2021]. ↩︎
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Zu konkreten Kennzahlen und Indikatoren der Bildenden Kunst im engeren Sinne (Kunstproduktion) sowie zur Kunstvermittlung und dem Kunsthandel vgl. auch den Spartenbericht Bildende Kunst von 2021, im Auftrag der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und der Kultusministerkonferenz (KMK), erarbeitet vom Statistisches Bundesamt: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bildung-Forschung-Kultur/Kultur/Publikationen/Downloads-Kultur/spartenbericht-bildende-kunst-5216102219004.pdf?__blob=publicationFile [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Am 25.06.2020 war Christian Steinau, Initiator des Cultural Policy Lab zu Gast, am 02.07.2020 der Kunsthistoriker Roland Meyer von der Brandenburgischen Technische Universität Cottbus/Senftenberg und am 09.07.2020 die freie Kunstwissenschaftlerin und Autorin Anika Meier. ↩︎
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Vgl. https://yopad.eu/p/S2LMU2020-Archiv-365days [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Im Ergebnis entstanden, über die erforderlichen Seminarergebnisse in Form von Referaten und Hausarbeiten hinaus, insgesamt elf Einzeltexte, ein Archiv mit über 700 Links zu veröffentlichten Texten zwischen März und Juli 2020, Quellenmaterial in Form von Befragungen, Werkzeuge zu Befragungen und 13 recherchierte künstlerische Arbeiten verschiedener Techniken, die während und zur Pandemie entstanden sind. Unter dem Titel des Seminars Everything is live now. Das Kunstsystem im Ausnahmezustand werden diese Untersuchungsergebnisse auf CulturalPolicyLab.com veröffentlicht, um die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf das Kunstsystem und seine unterschiedlichen Akteur*innen sowohl zu dokumentieren, zu archivieren und zu reflektieren, als auch Folgeuntersuchungen zu ermöglichen. ↩︎
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Vgl. hierzu die Studie Betroffenheit der Kultur- und Kreativwirtschaft von der Corona-Pandemie des Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes vom 19.02.2021, die für 2020 einen Umsatzeinbruch der Kultur- und Kreativwirtschaft von ca. 22,4 Mrd. und für 2021 von ca. 21 bis 31 Mrd. Euro errechnet hat und einen Rückfall der Bereiche Darstellende Kunst, Film und Kunstmarkt auf ein Umsatzniveau von vor 2003 prognostiziert: https://www.vdid.de/news/pdf/2861_2.pdf [Abruf: 26.02.2021]. Vgl. auch die Auswirkungen von COVID-19 auf die Kultur- und Kreativwirtschaft sowie auf die Bereiche Bildende Kunst und Design im Spartenbericht Bildende Kunst, vom Statistischen Bundesamt 2021, S. 71 ff., https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bildung-Forschung-Kultur/Kultur/Publikationen/Downloads-Kultur/spartenbericht-bildende-kunst-5216102219004.pdf__blob=publicationFile [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Innerhalb der Kultur- und Kreativwirtschaft ist der Umsatzverlust im Markt für Darstellende Kunst europaweit mit 90 Prozent am höchsten, gefolgt von der Musikwirtschaft (minus 76 Prozent), der Bildenden Kunst (minus 38 Prozent) und der Architektur (minus 32 Prozent). Dabei konnte die Spielindustrie europaweit einen Umsatzzuwachs von 9 Prozent aufweisen. Besonders betroffen sind innerhalb der EU mittel- und osteuropäische Länder: In Bulgarien und Estland beträgt der Umsatzrückgang 44 Prozent und in Litauen 36 Prozent. Vgl. Olaf Zimmermann / Gabriele Schulz: Um Jahre zurückgeworfen, 26.02.2021, https://www.kulturrat.de/corona-pandemie/lageeinschaetzungen-kulturbereiche/um-jahre-zurueckgeworfen [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Vgl. The Art Basel and UBS Global Art Market Report 2021: https://www.artbasel.com/about/initiatives/the-art-market [Abruf: 16.02.2021]. ↩︎
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Vgl. Patrick Wildermann: Bei Aufmucken droht Liebesentzug, in: Der Tagesspiegel, 16.12.2020, https://www.tagesspiegel.de/kultur/wie-kommen-freischaffende-theatermacher-durch-bei-aufmucken-droht-liebesentzug/26725606.html [Abruf: 16.02.2021]. ↩︎
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Vgl. eine Übersicht über die Corona-Hilfsmaßnahmen in der Bundesrepublik Deutschland: https://kreativ-bund.de/corona. ↩︎
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Die Fehler der bisherigen Förderprogramme sind in dem offenen Brief des bbk Berlin vom 09.03.2021 zusammengefasst: https://www.bbk-berlin.de/news/09032021-offener-brief-zum-neustart-kultur-programm-kulturstaatsministerin-monika-gruetters [Abruf: 09.03.2021]. ↩︎
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Zu den wenigen zahlenbasierten Studien zählt die Galeriestudie 2020 des IFSE, die über die Zahl der vertretenden Künstler*innen, Anzahl der Arbeitsplätze (Vollzeit, geringfügig Beschäftigte und freie Mitarbeitende), Umsatzzahlen, Kundschaften, Besucher*innenzahlen, bevorzugte Kunstgattungen, Gewinne und Steuern von 237 der 700 Galerien in Deutschland für das Geschäftsjahr 2019 informiert: https://ifse.de/Pdf/IFSE_BVDG_Galerienstudie_2020.pdf. Die Studie nimmt auch Kontextualisierungen vor, wenn sie den Umsatz aller Galerien in Deutschland mit 450 Millionen Euro etwa der Hälfte des geschätzten Umsatzes der Mega-Galerie von Larry Gagosian ins Verhältnis setzt oder deren Anteil von 2% in ein Verhältnis zum globalen Kunstmarkt. Vgl. dazu auch eine Auswertung der Studie: Hergen Wöbken: Eine Forderung bleibt: Zurück zur ermäßigten Mehrwertsteuer für Galerien. Die Ergebnisse der Galerienstudie 2020, 01.12.2020, https://www.kulturrat.de/themen/kunstmarkt/eine-forderung-bleibt-zurueck-zur-ermaessigten-mehrwertsteuer-fuer-galerien. Darüber hinaus vgl. den seit 2017 jährlich erscheinenden The Art Market Report von Art Basel & UBS https://www.artbasel.com/about/initiatives/the-art-market sowie den seit 2013 jährlich erstellten Online Art Trade Report des britischen Versicherungsunternehmens Hiscox https://www.hiscox.co.uk/online-art-trade-report/archive. Vgl. auch die veröffentlichten Daten von Network of European Museum Organisation https://www.ne-mo.org und International Concil of Museum http://www.icom-cc.org. [Abruf aller Links: 16.02.2021]. ↩︎
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Vgl. Heribert Prantl: Dem Gemeinwohl verpflichtet, in: Süddeutsche Zeitung, 29.01.2021, https://www.sueddeutsche.de/meinung/stiftungen-kolumne-von-heribert-prantl-1.5190190 [Abruf: 16.02.2021]. ↩︎
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https://bp-or-not-bp.org [Abruf: 16.02.2021]. ↩︎
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Vgl. https://www.sacklerpain.org [Abruf: 16.02.2021]. ↩︎
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Vgl. https://www.decolonizethisplace.org [Abruf: 16.02.2021]. ↩︎
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Vgl. Daniel Völzke: Warum schließen Galerien kaum Verträge mit Künstlern?, in: Monopol, 04.02.2021, https://www.monopol-magazin.de/warum-schliessen-galerien-so-selten-vertraege-mit-kuenstlern [Abruf: 16.02.2021]. Völzke bezieht sich hier auf die Galeriestudie 2020 des IFSE, nach der nur jede zehnte Galerie schriftliche Verträge schließe und sich ein Drittel von Fall zu Fall vertraglich festlege. Die Hälfte aller Galerien gehe explizit keine schriftlichen Verträge ein. ↩︎
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Seth Siegelaub und Robert Projanski: The Artist’s Reserved Rights Transfer And Sale Agreement, 1971, https://en.wikipedia.org/wiki/The_Artist's_Reserved_Rights_Transfer_and_Sale_Agreement [Abruf: 16.02.2021]. ↩︎
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Vgl. James Tarmy: Art Galleries Discover That Their Business Model Is Covid-Proof, in: Bloomberg, 23.02.2021, https://www.bloomberg.com/news/articles/2021-02-23/art-galleries-have-been-thriving-while-museums-suffer-during-covid [Abruf: 26.02.2021]. „‚The market is raging,‘ says Los Angeles gallerist François Ghebaly, who adds that 2020 was his best year ever in sales and profits.“ Ebd. Vgl. auch den Hiscox Online Art Trade Report 2019 https://www.hiscox.co.uk/sites/uk/files/documents/2019-04/hiscox-online-art-trade-report--2019.pdf und 2020 https://www.hiscox.co.uk/sites/uk/files/documents/2020-07/Hiscox_online_art_trade_report_2020-new.pdf sowie den Art Basel & UBS Report The Art Market 2020 https://d2u3kfwd92fzu7.cloudfront.net/The_Art_Market_2020-1.pdf und 2021 https://d2u3kfwd92fzu7.cloudfront.net/The-Art-Market_2021.pdf [Abruf aller Links: 09.03.2021] ↩︎
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Vgl. Tarmy 2021 (wie Anm. 61). ↩︎
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Vgl. Thierry Ehrmann: Artprice100©: Die Blue-Chip-Künstler des Kunstmarkts erzielen fast so viel Ertrag wie die Top-Unternehmen der US-Wirtschaft…, in: APA-OTS, 15.07.2019, https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20190715_OTS0097/artprice100-die-blue-chip-kuenstler-des-kunstmarkts-erzielen-fast-so-viel-ertrag-wie-die-top-unternehmen-der-us-wirtschaft [Abruf: 16.02.2021]. Hier auch die Zusammensetzung des Artprice100©-Index, angeführt von Picasso, Warhol und Monet, mit vier Frauen (Yayoi Kusama, Joan Mitchell, Louise Bourgeois und Barbara Hepworth), 49 Künstlern der Moderne, 29 Nachkriegskünstlern, 12 zeitgenössischen Künstler*innen, 8 Künstlern aus dem 19. Jahrhundert und zwei Alten Meistern. ↩︎
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Vgl. Robert Frank: The wealthy are borrowing billions against their art collections and lenders are reselling the debt, in: CNBC, 25.02.2021, https://www.cnbc.com/2021/02/25/the-wealthy-are-borrowing-billions-against-their-art-collections-.html [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Vgl. The Art Basel and UBS Global Art Market Report 2021 (wie Anm. 50). ↩︎
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Vgl. Hakim Bashira: 13% of Museums Worldwide May Close Permanently Due to COVID-19, Studies Say, in: Hyperallergic, 20.05.2020, https://hyperallergic.com/565254/covid-19-unesco-icom-study [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Vgl. hierzu meine Ausführungen unter Punkt (6) des Textes: Defizite. ↩︎
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Aus der Uneinheitlichkeit der Begriffsdefinitionen kann die Definition von Douglass C. North herausgestellt werden, die Institutionen als die Spielregeln einer Gesellschaft beschreibt, die sowohl formale, staatliche Regeln (wie Verfassungen und Gesetze), als auch informelle Regeln (wie Verhaltenskodizes, Verhaltensnormen und Konventionen) umfassen und von den Teilnehmer*innen durchgesetzt werden. Vgl. Douglass C. North: Institutions, institutional change and economic performance, Cambridge 1990, S. 3, 36. Ich ergänze Andrea Frasers Ausführungen im Rahmen ihre Untersuchungen zur Institutional Critique: „It’s not a question of inside or outside, or the number and scale of various organized sites for the production, presentation, and distribution of art. It’s not a question of being against the institution: We are the institution. It’s a question of what kind of institution we are, what kind of values we institutionalize, what forms of practice we reward, and what kinds of rewards we aspire to.“ Dies.: From the Critique of Institutions to an Institution of Critique, in: Artforum International, Bd. 44, September 2005, H. 1, S. 100–106, hier S. 104. ↩︎
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Vgl. hierzu Stefan Nowotny und Gerald Raunig: Instituierende Praxen. Bruchlinien der Institutionskritik, Wien 2016. ↩︎
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Vgl. Gerald Raunig: Instituierende Praxen. Fliehen, Instituieren, Transformieren, in: transversal, 01.2006, https://transversal.at/transversal/0106/raunig/de?hl=Institution. Vgl. ders.: Instituierende Praxen, No.2. Institutionskritik, konstituierende Macht und der lange Atem der Instituierung, in: transversal, 01.2007, https://transversal.at/transversal/0507/raunig/de?hl=Institution [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Vgl. hierzu auch meine früheren Ausführungen im Text zum Thema Preenactment. ↩︎
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Zu progressiven (Kunst-)Institutionen im Spannungsfeld von Institutionalisierung und (Nicht-) Institutionalisierung vgl. Gerald Raunig: Die doppelte Kritik der parrhesia. Beantwortung der Frage „Was ist eine progressive (Kunst-)Institution?“, in: transversal, 04.2004, https://transversal.at/transversal/0504/raunig/de [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Ebd. ↩︎
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Vgl. The Agreement of Original Transfer of Work of Art with Resale to Benefit a Charitable Organization, Kadist, in Zusammenarbeit mit Laurence Eisenstein, 2019, https://artistcontract.org [Abruf: 16.02.2021]. Vgl. auch: Joseph del Pesco: How a New Kind of Artist Contract Could Provide a Simple, Effective Way to Redistribute the Art Market’s Wealth, in: artnet, 27.07.2020, https://news.artnet.com/opinion/resale-royalties-contract-kadist-joseph-del-pesco-1897169 [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Vgl. Joseph del Pesco: How a New Kind of Artist Contract Could Provide a Simple, Effective Way to Redistribute the Art Market’s Wealth, in: artnet, 27.07.2020, https://news.artnet.com/opinion/resale-royalties-contract-kadist-joseph-del-pesco-1897169?utm_content=buffer46ad8 [Abruf: 16.02.2021]. ↩︎
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Bündnis für eine gerechte Kunst- und Kulturarbeit, Baden-Württemberg, seit Juni 2020, https://www.wkv-stuttgart.de/uploads/media/Gruendungsstatement.pdf [Abruf: 16.02.2021]. ↩︎
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Die primären Kanäle für die staatliche Unterstützung in USA sind das National Endowment for the Arts und das National Endowment for the Humanities. Unter Donald Trump wurde die Finanzierung für beide Stiftungen im Haushalt 2020 gestrichen, letztlich genehmigte der Kongress 162,2 Millionen Dollar für jede. Das als CARES Act bekannte Bundeskonjunkturprogramm stellte außerdem weitere 300 Millionen Dollar zur Unterstützung in der Pandemie zur Verfügung. Vgl. Amy Haimerl: What Keeps U.S. Art Museums Running – and How Might the Pandemic Change That?, in: artnews, 03.30.2021 https://www.artnews.com/art-news/news/united-states-art-museum-financing-1234584930 [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Laut einem Bericht der Rechnungsprüfungsbehörde des Staates New York (State Comptroller, State of New York) aus dem Februar 2021 sank die Beschäftigung im Kunst-, Unterhaltungs- und Erholungssektor der Stadt New York zwischen Dezember 2019 und Dezember 2020 um 66 Prozent. Vor der Pandemie 2019 waren im Sektor Kunst, Unterhaltung und Erholung in New York City 93.500 Menschen in 6.250 Betrieben beschäftigt (einschließlich der 14.300 Angestellten in Museen, Parks und historischen Stätten) und generierten 7,4 Milliarden US-Dollar an Löhnen. 128.400 Einwohner (darunter fast 31.000 Selbstständige) bezogen ihre Haupteinnahmequelle aus dem Sektor Kunst, Unterhaltung und Erholung. Vgl. Office of the New York: Arts, Entertainment and Recreation in New York City, Recent Trends and Impact of COVID-19, Februar 2021, https://www.osc.state.ny.us/reports/osdc/arts-entertainment-and-recreation-new-york-city-recent-trends-and-impact-covid-19. Vgl. auch Sarah Cascone: New York City Lost Two-Thirds of Its Arts and Entertainment Jobs in 2020, a New Report Finds, in: artnet, 25.02.2021, https://news.artnet.com/art-world/66-percent-loss-nyc-arts-entertainment-1946971. Verena Harzer bezieht sich auf eine Studie für das New York City Department of Cultural Affairs, nach der bis Oktober 2020 über 15.000 Mitarbeiter*innen im New Yorker Kulturbereich gekündigt oder Gehaltskürzungen von bis zu 50 Prozent vorgenommen wurden. Vgl. dies.: Soziale Ungleichheit im Kulturbereich. Millionen für die Direktoren, in: taz, 28.10.2020, https://taz.de/Soziale-Ungleichheit-im-Kulturbereich/!5720802. Vgl. auch eine Umfrage des New York City Department of Cultural Affairs zu den Folgen von COVID-19 für die Kunst- und Kulturinstitutionen New Yorks: https://americansforthearts.app.box.com/s/zf5kpi9xn116wdjwwhwdit3pvyp7ukwq. Der Bericht des Otis College of Art & Design zur Kreativwirtschaft 2021 des Staates Kalifornien und der Region Los Angeles aus dem Februar 2021informiert, dass zwischen Februar und Dezember 2020 in der Kreativwirtschaft in Kalifornien 13,3 % (im Vergleich zu 8,3 % landesweit) und in Los Angeles County 23,5 % Arbeitsplätze verloren gingen. Dabei handelt es sich um 175 000 Arbeitsplätze in der Kreativwirtschaft landesweit, davon fast 110 000 im LA County. 128 000 Arbeitsplätze entfielen auf die Unterhaltungsbranche, fast 16 000 auf die Bildende und Darstellende Kunst. Otis College of Art & Design: 2021 Otis College Report on the Creative Economy, Februar 2021, https://www.otis.edu/creative-economy/2021. Nach Auskunft des Berichts der Californians for the Arts gaben 83% der befragten 1 000 Kunstschaffenden und 600 Kreativunternehmen an, dass die Pandemie ihre Beschäftigungssituation beeinträchtigt hätte, 88% hätten Einkommen oder Einnahmen verloren. Vgl. Californians for the Arts: Covid-19 Economic Impact Survey for Artists & Cultural Workers, 2021, https://static1.squarespace.com/static/5bc6c7a1c46f6d1ef38d6771/t/6037caccfbfe44051459b91d/1614269139563/CFTA_covidsurvey_report_workers_proprint.pdf. [Abruf aller Links: 16.02.2021]. ↩︎
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Vgl. Gillick/Charlesworth 2020 (wie Anm. 22). ↩︎
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Die jüngst gegründeten Gewerkschaften beispielsweise am Guggenheim Museum, New Museum und MoMA PS1 fordern Lohnerhöhungen für gewerkschaftlich organisierte Mitarbeiter*innen, neue Standards für Transparenz und Parität bei der Planung von Schichten, Arbeitsregeln und Arbeitsstufen, Sicherheitsverbesserungen sowie Gesundheitsfürsorgeprogramme und Rentenleistungen. Vgl. Hakim Bishara: Guggenheim Signs Contract With Union After a Year of Tense Negotiations, in: Hyperallergic, 16.02.2021, https://hyperallergic.com/622396/guggenheim-signs-union-contract-local-30 [Abruf: 16.02.2021]. ↩︎
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Zu der Beauftragung von Beratungsunternehmen allg. vgl. Zachary Small: How Museums Use – and Misuse – Corporate Consultants as a Bandaid to Address Diversity and Solve Their Biggest Problems, in: artnet, 25.02.2021, https://news.artnet.com/art-world/museum-consultancy-1946134 [Abruf: 26.0.2021]. ↩︎
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„Spitzenreiter im Topverdienerbereich ist Glenn Lowry, der Direktor des MoMA. Mit 2,3 Millionen Dollar Jahresgehalt nimmt er etwa 48-mal so viel mit nach Hause wie ein Mitarbeiter des pädagogischen Dienstes des Museums. Richard Armstrong, der Direktor des Guggenheim Museum verdient 1,4 Millionen, das 34-Fache eines Mitarbeiters im pädagogischen Dienst; und Peter Gelb, der Intendant der Metropolitan Opera, verdient mit 2,1 Millionen Dollar das 53-Fache eines Mitarbeiters im Verkaufsbereich.“ Harzer 2020 (wie Anm. 78). ↩︎
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Die Ausstellung Basquiat’s „Defacement“: The Untold Story fand vom 21.06. bis 06.11.2019 statt, https://www.guggenheim.org/exhibition/basquiats-defacement-the-untold-story [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Vgl. Laura Helena Wurth: Mach es besser, Guggenheim!, in: FAZ, 07.11.2020, https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/unruhe-am-guggenheim-museum-in-new-york-17028048.html [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Vgl. ebd. ↩︎
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Vgl. ebd. ↩︎
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Vgl. Harzer 2020 (wie Anm. 78). ↩︎
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Vgl. die Angaben des US-Finanzministeriums für das Paycheck Protection Program, das durch den CARES Act eingeführt und von der Small Business Administration mit Unterstützung des Finanzministeriums umgesetzt wurde. „Die Gelder können auch verwendet werden, um Zinsen für Hypotheken, Mieten und Versorgungsleistungen zu bezahlen.“ Kenny Schachter: The ‚Banality‘ Bailout? In a Locked-Down Art World, Jeff Koons Chases Government Cash, Flippers Persist, and Kenny Schachter Takes It Easy, in: artnet, 05.05.2020, https://news.artnet.com/opinion/kenny-schachter-on-jeff-koons-studio-bailout-1852125 [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Vgl. Laura Raicovich: Museums Are Never Neutral. Neutrality is a veil for wielding power: this is the status quo that requires resistance, in: Frieze, 27.02.2020, https://www.frieze.com/article/museums-are-never-neutral [Abruf: 16.02.2021]. ↩︎
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Laura Raicovich: ‚A Radical Slowing Down‘: How Museums Are Responding to Our Troubling Times, in: ArtReview, 16.06.2020. ↩︎
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Vgl. Ariella Aïsha Azoulay: Potential History. Unlearning Imperialism, London und New York 2019. ↩︎
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Arielle Aïsha Azoulay: Dear Benjamin Stora. Ariella Azoulay responds to the historian Benjamin Stora's new official report on the French colonization of Algeria, in: verso, 24.02.2021, https://www.versobooks.com/blogs/5004-dear-benjamin-stora [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Vgl. Azoulay 2019 (wie Anm. 91). ↩︎
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Azoulay 2021 (wie Anm. 92). ↩︎
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Zu Fehlversprechen durch Beratungsunternehmen von Museen vgl. Small 2021 (wie Anm. 81): Eine kleine Gruppe von Unternehmensberater*innen, die an der Yale School of Management studiert und sich auf das Museumsmanagement spezialisiert haben, leiten jetzt einige der führenden US-amerikanischen Kulturinstitutionen, wie das Metropolitan Museum of Art (Daniel Weiss, Präsident), das Philadelphia Museum of Art (Timothy Rub, Direktor und Gail Harrity, Präsidentin) sowie das Museum of Contemporary Art in Chicago (Claire Ruud, Direktorin für kuratorische Strategie). ↩︎
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Sabrina Alli: Ariella Aïsha Azoulay: „It is not possible to decolonize the museum without decolonizing the world.“, in: Guernica, 12.03.2021, https://www.guernicamag.com/miscellaneous-files-ariella-aisha-azoulay [Abruf: 12.03.2021]. ↩︎
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Ebd. ↩︎
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Vgl. hierzu auch: Christina Steinbrecher-Pfandt und Serife Wong: Ethics Recommendations Museums Can Implement Right Now, in: Hyperallergic, 22.02.2021, https://hyperallergic.com/623310/ethics-recommendations-museums-can-implement-right-now [Abruf: 26.02.2021]. Steinbrecher-Pfandt und Wong empfehlen drei grundlegende Transparenzmaßnahmen: „1. Institute transparent performance and payment metrics. […] 2. Publish an annual diversity report. […] 3. Make the process of vetting board members transparent.“ Ebd. ↩︎
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Laura Raicovich: Museums Are Never Neutral, in: Frieze, issue 29, März 2020, https://www.frieze.com/article/museums-are-never-neutral [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Alli 2021 (wie Anm. 96). ↩︎
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Einzelne Beispiele in London stellt Louisa Buck vor: Street viewing exhibitions provide creative comfort for art-starved Londoners, in: The Art Newspaper, 25.02.2021, https://www.theartnewspaper.com/blog/streetside-art-viewing-london [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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17.-31.12.1969: Art and Project Bulletin 17, Richard Wagner Straat 8, Amsterdam. 30.12.1969: Galleria Sperone, Corso San Maurizio, Turin. 10. bis 21.03.1970: Eugenia Butler Gallery, 615 N., La Cienega Blvd, Los Angeles. ↩︎
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Wolfgang Kemp: Medienrevolution und Kunstwissenschaft. Unter und vor dem Einfluss der Digitalisierung, in: Maria Effinger und Hubertus Kohle (Hg.): Die Zukunft der kunsthistorischen Publikation, Heidelberg, S. 189–220, hier S. 201. ↩︎
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Vgl. https://chisenhale.org.uk/exhibition/maria-eichhorn [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Vgl. https://chisenhale.org.uk/audio-video/maria-eichhorn-symposium [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Andrea Fraser: Was ist Institutionskritik?, in: Texte zur Kunst, Sept. 2005, 15. Jhg., Heft 59, S. 86–89, hier S. 88. ↩︎
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Über Hinweise zu anderen Beobachtungen freue ich mich über mailto:ten.k2seye@bkb. ↩︎
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Vgl. meine Ausführungen unter Punkt (2) des Textes: Ungleiche Kunstinstitutionen und Ungleichheiten in Kunstinstitutionen. ↩︎
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Über Hinweise über Solidargemeinschaften, etwa zwischen Schauspielensembles und frei arbeitenden Kolleg*innen oder zwischen Beamt*innen im Universitätsbetrieb und frei beruflichen Kunstvermittler*innen, freue ich mich über mailto:ten.k2seye@bkb. ↩︎
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Aimee Dawson: Mapping the pandemic’s digital deluge: one academic is trying to collate the online projects of every single museum, in: The Art Newspaper, 22.02.2021, https://www.theartnewspaper.com/news/mapping-a-digital-deluge [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Einen Überblick über kostenfreie und kostenpflichtige Tools, um Online-Sammlungen und Online-Ausstellungen zu realisieren, bietet mus.er.me.ku: https://musermeku.org/online-ausstellungen [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Der Louvre weist mehr als 4 Millionen Hashtags auf Instagram auf, das Museum of Modern Art etwa 2,5 Milllionen, die Tate Modern etwas mehr als eine Million. Stand: 04/2021. ↩︎
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Ben Fino-Radin, twitter, 07.02.2020, 1:11 am, https://twitter.com/benfinoradin/status/1258172674947375104 [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Ben Fino-Radin, twitter, 08.05.2020, 3:09 am, https://twitter.com/benfinoradin/status/1258564615484604424 [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Culture Fix der englischen Webagentur Substakt, die sich auf den Kultursektor Europas und Nordamerikas spezialisiert hat: https://culturefix.digital [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Streams von Chris Unitt, Gründer der Agentur für digitale Analytik und Nutzerforschung One Further mit einem Interesse an der Digitalisierung von und für Kulturorganisationen: https://streams.culturaldigital.com [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Nach Aussagen der Bundesnetzagentur ist das genutzte Datenvolumen im Internet im Jahr 2020 weiter gestiegen: Mit ungefähr 76 Milliarden Gigabyte wurden 2020 damit 16 Milliarden Gigabyte mehr als 2019 genutzt. Vgl. dpa: Internet-Nutzung: Datenvolumen in Deutschland steigt rasant, in: heise.de, 21.03.2021, https://www.heise.de/news/Internet-Nutzung-Datenvolumen-in-Deutschland-steigt-rasant-5993952.html [Abruf: 21.03.2021]. ↩︎
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Vgl. https://digitalmuseums.at [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Jasodhara Banerjee: More people looked at art online in 2020 than physically in 28 years: Ashish Anand, in: Forbes India, 27.02.2021, https://www.forbesindia.com/article/forbes-lifes/more-people-looked-at-art-online-in-2020-than-physically-in-28-years-ashish-anand/66701/1 [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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https://artsandculture.google.com [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Um die Rückkehr der Aura zu beschwören, wird in Kauf genommen, Walter Benjamin umzuschreiben: Vgl. Walter Benjamin: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, Frankfurt/Main 1966. ↩︎
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Ich ergänze hier um weitere 3-D-Plattformen, die der Firma Kunstmatrix („Present, manage and sell your art“, https://www.kunstmatrix.com) und das Computerspiel Occupy White Walls, ein AI-basiertes MOOG (Massively Multiplayer Online Game) des Londoner Spieleentwicklers StikiPixels (https://www.oww.io) [Abruf: 26.02.2023]. ↩︎
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Siobhán McGuirk: Virtual Art in a Time of Crisis: Ideology, Familiarity, and the Digital White Cube, in: The Sociological Review, 03.03.2021, https://www.thesociologicalreview.com/virtual-art-in-a-time-of-crisis-ideology-familiarity-and-the-digital-white-cube [Abruf: 03.03.2021]. ↩︎
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Vgl. Anika Meier: Was sind NFTs – und warum spricht gerade die ganze Kunstwelt davon?, in: Monopol, 24.02.2021, https://www.monopol-magazin.de/was-sind-nfts-und-warum-sprechen-alle-gerade-davon [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Vgl. hierzu den Report Museums, museum professionals and COVID-19 des ICOM, International Council of Museum, zu den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Museen und Mitarbeiter*innen, auf die wirtschaftliche Situation, die digitalen Ressourcen, die Sammlungen und die freiberuflichen Museumsmitarbeiter*innen, dies auf der Datengrundlage von 1.600 Teilnehmer*innen aus 107 Ländern, zwischen dem 7. April und 7. Mail 2020: https://icom.museum/wp-content/uploads/2020/05/Report-Museums-and-COVID-19.pdf [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Ich erwähne exemplarisch die in Los Angeles, im Mai 2020 gegründete GalleryPlatform.LA, einem Zusammenschluss von 80 Galerien unterschiedlicher Größen, gesponsert durch die East West Bank: https://galleryplatform.la, ebenso die Platform: New York der Galerie David Zwirner für zwölf New Yorker-Galerien, https://www.davidzwirner.com/viewing-room/2020/platform-new-york. Bei der Messe in St. Agnes handelte es sich um eine Gemeinschaftsausstellung der Berliner König Galerie im Juni 2020 in den eigenen Galerieräumen zusammen mit weiteren Galerien, Einzelkünstler*innen und Privatsammler*innen. Statt einer Standmiete verlangte König eine Verkaufsprovision. Vgl. Sebastian Späth: Wie Unternehmer und Mitarbeiter die Krise als Chance nutzen, in: Handelsblatt, 29.08.2020, https://www.handelsblatt.com/karriere/zuversicht-in-corona-zeiten-wie-unternehmer-und-mitarbeiter-die-krise-als-chance-nutzen/26130922.html [Abruf aller Links: 24.0.2021]. ↩︎
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Der Begriff AFK (away from keyboard) stellt eine Alternative zu IRL (in real life) dar, da IRL impliziert, dass das Digitale keine Version der Realität sei. ↩︎
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Anika Meier: Jahresrückblick 2020: Die Kunstwelt steht mit digitalen Formaten noch am Anfang, in: Monopol, 31.12.2020, https://www.monopol-magazin.de/die-kunstwelt-steht-mit-digitalen-formaten-noch-am-anfang [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Ich verweise exemplarisch auf die folgenden Offenlegungen: Über eine online-editierbare Tabelle wurden zwischen dem 31.05.2019 und 31.12.2019 in einem Google-Formular die Gehälter von über 3 000 Akteur*innen im Kunstbetrieb mit zusätzlichen Informationen zu Funktion, Alter, Geschlecht und Berufsabschluss anonym zusammengetragen: Arts + All Museums Salary Transparency 2019, https://docs.google.com/spreadsheets/d/14_cn3afoas7NhKvHWaFKqQGkaZS5rvL6DFxzGqXQa6o/htmlview?usp=sharing#. Mit einem Bericht dazu von Zachary Small: Museum Workers Share Their Salaries and Urge Industry-Wide Reform, in: Hyperallergic, 03.0.6.2021, https://hyperallergic.com/503089/museum-workers-share-their-salaries-and-urge-industry-wide-reform. Eine weitere Tabelle trägt seit dem 14.03.2020 die Auswirkungen von COVID-19 auf die Mitarbeiter*innen in Form von Entlassungen, Beurlaubungen, Gehälter, Kürzungen, Vertragsstornierungen etc. von mittlerweile über 200 US-amerikanischen Museen zusammen: Museum Staff Impact of COVID19, https://docs.google.com/spreadsheets/d/1acEaRssONaAlFjThEFybfhBBIb3OIuOne-NHsghOMxg/htmlview#gid=0. Die englische Museums Association (MA) erfasst mit einem „Redundancy Tracker“ die Zahl der Entlassungen durch COVID-19 und hat bisher institutionsbezogen über 4.000 Entlassungen gezählt: https://www.museumsassociation.org/campaigns/workforce/redundancy-tracker. Die Tabelle Indebted Cultural Workers: Calculate your salary informiert über die Budgets von Museen, die Gehälter und Zusatzleistungen für Museumsdirektor*innen und die Gehälter von Museumsmitarbeiter*innen von 36 US-amerikanischen Museen: https://docs.google.com/spreadsheets/d/1GQpS643AWTwUxLA_OmVrYdck89yVWSYHdTd2_ETSCJE/edit#gid=1941786029. Über den Twitter-Hashtag #PublishingPaidMe tauschen sich Autor*innen zu Bezahlungen im Literaturbetrieb aus: https://twitter.com/hashtag/PublishingPaidMe?src=hashtag_click. Auch offene Briefe oder Petitionen sind Möglichkeiten der Offenlegungen, vgl. den Open Letter to Museums and Galleries in support of education and other essential workers, https://docs.google.com/forms/d/11z1wwu3meYdLeYozGI_OCzoExpxK-DiH0DmkrXn5qr4/viewform?edit_requested=true und die Petition auf change.org, The Metropolitan Museum of Art should not sell off the art it holds in public trust, https://www.change.org/p/the-metropolitan-museum-of-art-the-metropolitan-museum-of-art-should-not-sell-off-the-art-it-holds-in-public-trust?utm_source=share_petition&utm_medium=custom_url. Darüber hinaus gibt es auch journalistische Recherchen etwa vom Kunstmagazin Artnews, das im Herbst 2020 für eine Museumsausgabe des Magazins 50 repräsentative, US-amerikanische Kunstmuseen hinsichtlich ihrer Mitarbeiter*innen, Finanzen und Sammlungen und dies mit Hilfe öffentlich zugänglicher Daten, Finanzberichte, Fragebögen und Interviews mit dem Führungspersonal Direktoren untersuchte und in Grafiken übersetzte: Vgl. Amy Haimerl: What Keeps U.S. Art Museums Running – and How Might the Pandemic Change That?, in: artnews, 03.03.2021, https://www.artnews.com/art-news/news/united-states-art-museum-financing-1234584930. [Abruf aller Links: 03.03.2021] ↩︎
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Vgl. hierzu die zögerliche wissenschaftliche Erforschung und statistische Blindstellen sozioökonomischer Fragen in Deutschland: „Seit der frühen Nachkriegszeit wurden Fragen der Armut und ökonomischen Ungleichheit in Wissenschaft, Öffentlichkeit und Politik der Bundesrepublik zum Großteil ausgeblendet. Eine vergleichbare Wiederentdeckung der Armut wie in den USA oder dem Vereinigten Königreich in den 1960er Jahren fand hier nicht statt. Ebenso gingen die transnationalen Diskussionen über die Einkommens- und Vermögensungleichheit während der 1970er Jahre weitgehend an der Bundesrepublik vorbei. […] Erst in den 1980er Jahren lebte die Debatte über die „Neue Armut“ in der Bundesrepublik auf, und es dauerte bis in die 2000er Jahre, bis auch die Einkommens- und Vermögensverteilung zu einem größeren gesellschaftlichen Thema wurde. […] Durch diese Vorgeschichte fehlte der Gesellschaft nicht nur präziseres Wissen, sondern auch statistische Literarizität bzw. Kompetenz.“ Felix Römer: Soziale Ungleichheit in der Pandemie. Warum Deutsche weniger darüber wissen als Briten, in: Geschichte der Gegenwart, https://geschichtedergegenwart.ch/soziale-ungleichheit-in-der-pandemie-armutsstatistiken-in-deutschland-und-grossbritannien [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Auch hier liegen Informationen unterschiedlichster Qualitäten vor. Ein jüngst in The Art Newspaper veröffentlichter Artikel kündigt Auskünfte zu den Ereignissen in USA, Brasilien, Nigeria, Großbritannien, Frankreich, Italien, Schweiz, Deutschland, Russland, Indien, Vereinigte Arabische Emirate, China, Südkorea und Australien an, ist in seinem Vorhaben ambitioniert, scheitert jedoch in seiner Ausführung: O.A.: Covid-19: which countries are closest to getting back to art business? After a year in which the coronavirus wreaked havoc, vaccines offer hope. We look at the the state of play, and the outlook, for countries around the world, in: The Art Newspaper, 23.03.2021, https://www.theartnewspaper.com/analysis/covid-19-in-the-art-world-a-year-on [Abruf: 23.03.2021]. ↩︎
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„[…] creatives are marginalised, insecure and self-exploited.“ Robert Hewison: Freelance workers are the backbone of the art world – but how are they expected to survive on a pittance?, in: The Art Newspaper, 05.03.2021, https://www.theartnewspaper.com/comment/what-about-the-freelancers [Abruf: 05.03.2021]. ↩︎
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Hrag Vartanian a.k.a. Hrag, twitter, 10.03.2021, 4:09 pm, https://twitter.com/hragv/status/1369666621690765312 [Abruf: 10.03.2021]. ↩︎
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Vgl. Niklas Luhmann: Die Ausdifferenzierung des Kunstsystems, Bern 1994. ↩︎
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Eine Ausnahme stellt die folgende Publikation dar: Stefan Weber (Hg.): Was konstruiert Kunst?, Wien 1999. ↩︎
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Vgl. Arthur C. Danto: The Artworld, in: The Journal of Philosophy, Vol. 61, No. 19, 1994, S. 571–584, https://is.muni.cz/el/1421/jaro2014/IM088/Danto__1_.pdf [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Vgl. George Dickie: Defining Art, in: American Philosophical Quarterly, Vol. 6, No. 3, 1969, S. 253–256. Ders.: Aesthetics. An Introduction, Indianapolis 1971. Ders.: Art and the Aesthetic: An Institutional Analysis, London 1974. Ders.: The Art Circle. A Theory of Art, New York 1984. ↩︎
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Vgl. Ben Eastham: What Is ‚the Artworld‘?, in: ArtReview, 30.11.2020, https://artreview.com/what-is-the-artworld [Abruf: 26.02.2021]. ↩︎
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Hierfür wäre im Weiteren der Zusammenhang zu dem ideologiekritischen Begriff Kulturindustrie zu prüfen, wie ihn Adorno und Horkheimer in ihrer Dialektik der Aufklärung von 1944 in dem Kapitel Kulturindustrie – Aufklärung als Massenbetrug verwenden. ↩︎
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Vgl. Alois Riegl: Die spätrömische Kunst-Industrie nach den Funden in Österreich-Ungarn im Zusammenhang mit der Gesamtentwicklung der Bildenden Künste bei den Mittelmeervölkern, 2 Bände. 1901 und 1923, Neuausgabe: Gebr. Mann, Berlin 2000, https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/riegl1901/0001 [Abruf: 24.02.2021]. ↩︎
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Tim Schneider: Goodbye Art World, Hello Art Industry: How the Art Market Has Transformed – Radically – Over the Past 30 Years, in: artnet, 25.11.2019, https://news.artnet.com/market/how-the-art-world-became-the-art-industry-1710228 [Abruf: 24.02.2021]. ↩︎
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Andrea Fraser: From the Critique of Institutions to an Institution of Critique, in: Artforum International, Bd. 44, September 2005, H. 1, S. 100–106, hier S. 105. ↩︎