Sehr geehrte Damen und Herren, liebe kulturpolitisch Interessierte,
ganz herzlich möchte ich Sie heute zum Cultural Policy Lab hier in den Münchner Kammerspielen begrüßen. Neue Ideen sollen auf dieser Veranstaltung entstehen, denn das Format verspicht einen spannenden kulturpolitischen Austausch in einer Laborsituation, also im experimentellen Raum.
Mit solchen Situationen kenne ich mich gut aus, denn bevor ich als Kulturmanagerin tätig geworden bin, habe ich mich als Chemielaborantin versucht. Beim Gedanken an ein Labor entsteht vor meinem inneren Auge eine Versuchsanordnung: Glasapparaturen, Schläuche, Erlenmeyer¬kolben, Reagenzgläser und Bunsenbrenner, aufgebaut mit den entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen. Die Zutaten, die sogenannten Reagenzien, werden abgemessen, zugegeben und unter Feuer zur Reaktion gebracht. Viel Energie also, nicht ganz ungefährlich und oft mit unbekanntem Ergebnis.
Nun ist das Cultural Policy Lab kein Chemielabor, sondern ein Experiment, bei dem Menschen mit Meinungen und Expertenwissen über die Zukunft der Kulturpolitik diskutieren und streiten. Aber auch hier ist das Ergebnis des Prozesses noch unbekannt und das Format erfordert neues, kreatives Denken. Viel Energie ist ganz bestimmt auch im Raum – nicht angefeuert von einem Bunsenbrenner, sondern durch aktuelle politische Ereignisse in München und darüber hinaus.
Die Fragen, die im heutigen Labor zur Debatte stehen, erfordern mutige Gedankenexperimente. Wie können Kunst und Kultur dem wachsenden Populismus, Nationalismus und dem beschämenden Wiedererstarken völkischen Gedankenguts begegnen? Wie muss sich der Kulturbetrieb ändern, um in gesellschaftlichen Debatten, die immer mehr in Filterblasen stattfinden, überhaupt noch eine Relevanz zu behalten? Wie können wir Freiräume für neue Ideen und Konzepte schaffen in einer Zeit, in der sich auch und gerade Kulturschaffende Sorgen machen müssen, ob und wie sie die steigenden Mieten in Städten wie München überhaupt noch zahlen können?
Die Kulturpolitische Gesellschaft, die ich hier vertrete, versteht sich seit 43 Jahren als Plattform für kulturpolitische Diskurse in Theorie und Praxis – quasi als Denkfabrik. Es ist unser Vereinszweck, Aktivitäten, die den Prozess der kulturellen Demokratisierung fördern, zu unterstützen und voranzutreiben. Deshalb freue ich mich sehr, heute hier zu sein.
Großes Lob verdienen die Studierenden des Forschungsseminars „Institutionelle Ästhetik“ der LMU, Fachbereich Theaterwissenschaften, die das Cultural Policy Lab unter der Leitung von Christian Steinau und Christopher Balme auf die Beine gestellt haben. Christian Steinau ist heute der Laborleiter und wird uns die Versuchsanordnung noch genauer erklären.
Ich wünsche uns allen nun viel Forschergeist und kreative Gedanken, damit am Ende ein buntes Gemisch aus neuen Impulsen, mutigen Ideen und einem beherzten Optimismus für die Zukunft von Kunst und Kultur entsteht. Ich wünsche uns ein gelungenes Experiment!
Mit diesen Worten eröffnete ich am 15. Februar 2020 das Cultural Policy Lab in den Münchner Kammerspielen. Nun liegt die Dokumentation zu der sehr erfolgreichen Veranstaltung vor. Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern eine inspirierende Lektüre!
Iris Bramsemann Mitglied des Sprecherrates der Kulturpolitischen Gesellschaft, Landesgruppe Bayern