Das Cultural Policy Lab wurde in Auseinandersetzung mit Herausforderungen entwickelt, mit denen sich die Geisteswissenschaften gegenwärtig konfrontiert sehen. Eine dieser Herausforderungen ist es Studierenden im Rahmen ihres Studiums eine bestmögliche Ausbildung zu ermöglichen. Hierzu zählt neben einer exzellenten wissenschaftlichen Bildung auch die Vorbereitung auf die vielfältigen Berufsprofile im Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft.
Seit einigen Jahren ist auch der Kulturbetrieb von vielfachen Transformationsprozessen geprägt. Verstärkt steht die Organisationsstruktur von Kulturbetrieben im Rampenlicht oder wird über Anpassungen an die Digitalisierung sowie sich verändernde kulturpolitische Rahmenbedingungen diskutiert. Nicht erst der Klimawandel, auch die pandemische Ausnahmesituation der Jahre 2020/21 zeigt die Notwendigkeit einer nachhaltigen Gestaltung der Kultur- und Kreativwirtschaft. In dem Studierende in die Forschungsarbeit des Cultural Policy Lab eingebunden werden, erhalten sie einen unmittelbaren Eindruck dieser Transformationsprozesse. Über den Austausch mit Kooperationspartnern gewinnen Studierenden prägende Einblicke in die Funktionsweise von Kulturpolitiken, -verwaltungen und -organisationen, wodurch der Zusammenhalt von Forschung und Lehre im Rahmen eines auf die Innovation der Hochschullehre gerichteten Projekts erfolgreich realisiert wird.
Gleichzeitig sehen sich Universitäten mit der Anforderung des Forschungstransfers konfrontiert. Dieser Transfer war von Anfang an ein Fundament des Cultural Policy Labs. In einer Pilotveranstaltung in Kooperation mit den Münchner Kammerspielen im Februar 2020 unternahm eine von Christian Steinau geleitete studentische Forschungsgruppe den Versuch, die im Rahmen des Master Forschungsseminars „Institutionelle Ästhetik“ entwickelten Theorien und Methoden einem diskursiven Praxistest zu unterziehen. So haben wir in verschiedenen Laborstationen interessierten Bürgern und Bürgerinnen sowie geladenen Gästen aus Politik, Verwaltung und verschiedenen Kulturorganisationen aktuelle Forschungsperspektiven zu den Themen Audience Development, Inklusion, Institutioneller Wandel und Organisationstheorie vorgestellt. Dieser direkte Austausch hat sich als sehr gewinnbringend herausgestellt.
Bereits im Vorfeld dieser Veranstaltung entstand der Eindruck, dass eine Vielzahl von Akteuren und Akteurinnen im Kulturbereich an einer wissenschaftlichen Evaluierung oder einem Monitoring ihrer Arbeit interessiert sind. Gleichzeitig werden in Hinblick auf Debatten zur Restitution von Kunstwerken aus kolonialen Kontexten, Nachfolgekonflikten an Theaterhäusern oder vielfältigen Interpretationen des Heimat-Begriffes vielfältige Forschungsfragen bearbeitet, die auch für die kulturpolitische Praxis in Politik und Verwaltung eine herausgehobene Bedeutung haben. Diese Forschungsarbeiten entsprechend zu kommunizieren und die Geisteswissenschaften derart auch im Zentrum aktueller Diskussionen zu positionieren, ist eine vielfältige Aufgabe die sich das Cultural Policy Lab zum Ziel gesetzt hat. Dabei geht es auch darum die Ansprache und Kooperation zwischen Universität und Gesellschaft neu zu denken. Dies ist jedoch ein Forschungstransfer, der sich aus der wissenschaftlichen Arbeit und der spezifischen Eigenlogik geisteswissenschaftlichen Erkenntnisgewinns entwickelt hat. Eine Verpflichtung zum Transfer ist kritisch zu bewerten, da sie in die Freiheit der Forschung eingreift und nicht aus einer wissenschaftlichen Notwendigkeit heraus entwickelt wird.
Im Rahmen der Reform des Bayerischen Hochschulgesetz soll der Transfer neben Forschung und Lehre als dritte Säule der akademischen Arbeit festgeschrieben werden. In den Eckpunkten zur Reform des Hochschulrechts heißt es: „Die Aufgaben der bayerischen staatlichen Hochschulen werden in Zukunft als Dreiklang von Forschung, Lehre und Transfer neu gefasst“ (S. 2). Gleichzeitig soll der „soziale, technologische, ökonomische, ökologische und kreative Mehrwert“ von Forschung und Lehre „für Staat Wirtschaft und Gesellschaft […] anerkennend und programmatisch als Aufgabe der Hochschulen verankert“ (S. 4) werden.
Zweifellos sehen sich die Hochschulen wie auch die Geisteswissenschaften mit großen Herausforderungen konfrontiert. Die Lösung kann aber nicht von außen an die Wissenschaft herangetragen werden, sondern muss über eine grundsätzliche Stärkung der Wissenschaft realisiert werden.